KRITIK: COLORS – FARBEN DER GEWALT

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© Capelight Pictures

Autor: Tom Burgas

Manche Filme gehen einfach an einem vorbei und man bekommt ihre Wichtigkeit und ihren Einfluss erst Jahre später mit. Um gleich eines vorweg zu nehmen, „Colors – Farben der Gewalt“ ist solch ein Film. Hier hilft es immens etwas über die Entstehungsgeschichte zu wissen und in welchem Kontext er generell entstand. Wenn man ihn sich heute das erste Mal anschaut, wie ich es tat, könnte man meinen, dass es eben ein Polizei/Gangster-Großstadt-Film ist wie man ihn eben kennt, mit allen Klischees die dazugehören. Allerdings hat „Colors“ die Klischees erstmalig auf die Leinwand gebracht und war eine Reflexion der damaligen sozialen Umstände. In den 80ern herrschte eine Welle der Gewalt, wie sie vorher nicht bekannt war und L.A. war dabei die Hochburg (deswegen wurde auch hier gedreht und nicht wie eigentlich geplant in Chicago).

Regisseur Dennis Hopper, der in dem Fach den meisten bekannt sein dürfte durch sein Generationswerk „Easy Rider“, schien der Richtige zu sein, um aus dem komplizierten Alltag der Polizei und der Gangs eine Geschichte zu entwerfen. Er ging dabei einen fast schon dokumentarischen Weg und stellte Sean Penn und Robert Duvall in den Fokus. Die Beiden spielen dabei die klassische junger Cop/erfahrener Cop-Story ab, welche hier aber wie die Faust aufs Auge passt. Im Grunde werden auch hier die Meinungen der Gesellschaft wiedergespiegelt. Generell ist zwar eine Geschichte vorhanden, wird jedoch untergeordnet, da der Alltag der Cops aus Ritualen und Zufall bestehen soll. Die Entscheidung kommt natürlich nicht von ungefähr, denn Drehbuchschreiber Michael Schiffer und die beiden Hauptdarsteller waren wochenlang mit der Sondereinheit der Polizei unterwegs, um sich selber ein Bild zu machen und waren selbst Zeuge von Schießereien, die sich gegen sie richtete. Um die genannte Sondereinheit, die sich komplett auf Gangaktivitäten spezialisiert, geht es dann auch in „Colors“. Das diese selbst immer kritischer, ob ihrer angewandten Gewalt, betrachtet wurde, spiegelt sich dann auch in Penns Figur wieder. Dieser ist naiv und reagiert meist unreflektiert, während Duvall natürlich den Gegenpart gibt.

 

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© Capelight Pictures

Schauspielerisch hat man kaum was zu meckern, Sean Penn wirkt hier und da zwar etwas hilflos (was aber auch zur Rolle passt) und Robert Duvall ist halt Duvall, bei ihm macht man nie was verkehrt. Unterstützung bekommen sie von Maria Conchita Alonso („Running Man“, „McBain“), Don Cheadle („Iron Man 2+3“) und Damon Wayans („Last Boys Scout“). Bei den Statisten hat man sich nicht lumpen lassen und konnte durch gute Kontakte echte Gangmitglieder anwerben. Leider wurde der Dreh von der Realität eingeholt, wenn als diese zum Beispiel abseits der Dreharbeiten erschossen wurden. Nicht nur hier wird der Grad an Realismus aufgezeigt. Wärend ihrer ständigen Streife versuchen Hodges (Robert Duvall) und McGavin (Sean Penn) einen Mord zu klären und stoßen dabei auf alle möglichen Gangs und deren kompletten eigenständigen Optiken und Slangs. Diese wurden hier das erste Mal komplett so wiedergegeben, wie es auf den Straßen üblich war. Vorige Filme die Gangs in den Mittelpunkt rückten, hatten oftmals eher Comic-Charakter, wie zum Beispiel bei „The Warriors“ oder „The Wanderers“. Dies änderten erstmals Filme wie „French Connection“, die die Hilflosigkeit der Polizei aufzeigten. Ein ähnlich hoffnungsloses Bild zeigt auch „Colors“. Hier gibt es keine strahlenden Polizisten die den Tag und das Land retten. Die Kacke ist hier schon zu lange am Überkochen und wenige Hundert probieren nur noch die Gewalt von Tausenden einzudämmen, auf ein Happy End sollte hier niemand warten.

Colors wurde zu Recht ein Erfolg und feierte viele Nachahmer und manifestierte sich fest in die Filmkultur. Schnell kamen Filme wie „Boyz in da Hood“ oder „Menace II Society“, die selbst stark genug polarisierten, teilweise vielleicht sogar besser waren, aber es ohne „Colors“ in der Form wohl nicht gegeben hätte.

 

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© Capelight Pictures

So groß der Kultfaktor auch verdient ist, muss man auch realistisch ansehen, dass er mittlerweile ein paar Federn lassen muss. Besonders handwerklich muss er etwas geduckt gehen: Prügeleien, Schiesserein etc. wirken heute leicht angestaubt und das erwähnte Schauspiel von Penn wirkt manchmal nicht wie man es von ihm gewohnt ist. Als Entschädigung muss ich jedoch wichtiger Weise hinzufügen, dass die deutsche Synchro viel versaut. Ich bin niemand der beschreien muss alles im Original gucken zu müssen. Die Slang-Vielfalt kann jedoch unmöglich imitiert werden und das merkt man und nimmt einem die Freude. Zudem gibt es beim Schnitt ein paar auffallende Unzulänglichkeiten, wobei ich hier die Kinofassung bevorzuge, da meist die Szenen der Extended Fassung betroffen sind, die somit zum Teil zu Recht entfernt wurden.

Womit wir gleich auf die Veröffentlichung seitens Capelight zu sprechen kommen können. Diese haben wie immer tolle Arbeit geleistet, wurde „Colors“ doch bisher eher stiefmütterlich behandelt. Hier bekommen wir jetzt die volle Dröhnung: Mediabook, 3-Discs, Extended-und Kinofassung und das Ganze wie immer zu einem humanen Preis.

Die Bildqualität ist sehr angenehm, schön wenn alte Filme nicht zu Tode bearbeitet werden und man ein gewisses Rauschen oder Filmkorn behält und man sich eher an die Farben schmeißt, wobei mir ein direkter Vergleich zur alten Veröffentlichung fehlt. Auch bei den Extras hat man aufgestockt. Da gibt es ein halbstündiges Gespräch mit dem Drehbuchschreiber, welches wirklich interessant ist, sowie 20 Minuten mit dem technischen Berater, auch nicht verkehrt. Christoph N. Kellerbach hat in einem schicken Booklet dazu die Hintergründe des Police-Procedural-Genres und der Produktion an sich nähergebracht. 2 verschiedene Cover stehen auch zur Auswahl, kann man eigentlich nicht meckern. Perfekt wäre wohl noch der gute Soundtrack als Beilage gewesen, der hier nicht unwichtig ist. Aber auch noch DAS zu fordern, gibt mir jetzt schon ein schlechtes Gefühl.

 

Colors - Bewertung

Seit dem 01. Dezember 2017 als 3 Disc-Mediabook erhältlich!

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