KRITIK – THE WITCH

© Universal
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Autor: Tom Burgas

„The Witch“ ist mal wieder einer dieser 5-10 Horrorfilme im Jahr, die bei uns bereits im Vorfeld als einer der schrecklichsten, härtesten Horrorklumpen direkt aus der Hölle angepriesen werden. Dass der wiedermal auf Filmfesten ausgezeichnet wurde? Geschenkt. Dass wieder irgendwelche Filmseiten Zitate raushauen als wären sie im Ausverkauf? Ach kommt schon!!!

Doch der Trailer versprach einiges, da dieser schon auf eine Andersartigkeit verwies, die sich dem Zuschauer noch nicht ganz erschließen will und gerade deswegen dann tatsächlich Lust auf mehr machte. Zudem bin ich immer ein Fan von Regiedebüts, da hier  im allgemeinen das Feuer noch am heißesten brennt. Bei diesem Debütanten handelt es sich um Robert Eggers, der zuvor eigentlich als Ausstatter und Kostümbildner tätig war, was ihm bei seinem Erstling mehr als nur zu Gute kam.

Dieser Ausgangspunkt, plus zu Wissen, dass der Regisseur und Drehbuchautor Eggers sich 4 Jahre Zeit nahm um den Film vorzubereiten, zeigen schon, dass man es hier nicht mit einer schnell ausgespuckten Blumhouse-Produktion zu tun hat, sondern mit einer Herzensangelegenheit. Zudem dürfte es der Geschichte geholfen haben, dass Eggers in Neuengland aufwuchs und es dort nach eigenen Angaben genau so wie im Film aussah. Seit seiner Kindheit waren Hexen eines seiner Lieblingsthemen und er wollte einen puritanischen Alptraum in den Köpfen der Leute hochladen (Zitat aus einem Deadline-Interview).

 

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Zum Inhalt: Neuengland, 1630. Farmer William findet, gemeinsam mit Frau Katherine und den fünf Kindern, ein neues Zuhause auf einem abgelegenen Stück Land, nahe eines düsteren Waldes. Bald kommt es zu beunruhigenden Vorfällen: Tiere verhalten sich aggressiv, eines der Kinder verschwindet, während ein anderes von einer dunklen Macht besessen zu sein scheint. Misstrauen und Paranoia wachsen und die älteste Tochter Thomasin wird der Hexerei beschuldigt. Als sich die Lage immer weiter zuspitzt, werden Glaube, Loyalität und Liebe jedes einzelnen Familienmitgliedes auf eine schreckliche Probe gestellt.

Zuerst einmal habe ich 2 Tage gewartet bis ich mich an die Kritik setzte, denn meine Meinung musste sich erstmal festigen. Das sind schonmal gute Anzeichen, zeigt es doch dass „The Witch“ Anderes bietet und man sich erstmal über das Gesehene klar werden will. Ich werde hier zwar im kleinen Maßstab spoilern – was die Ausrichtung des Films angeht – jedoch direkte Storywendungen weglassen. Ich für meinen Teil hätte es besser gefunden hier vorab ein wenig mehr zu wissen, denn der Trailer lässt auf einen anderen Film hoffen, als man letztendlich zu sehen bekommt. Im Vorfeld wird verstörender Horror suggeriert, der sich scheinbar nicht an gängige Strukturen hält. Aber damit würde man falsch liegen, denn rausgekommen ist eher ein kleines Gruselmärchen, welches ich am ehesten mit märchenhaften Erzählungen der Gebrüder Grimm vergleichen lässt. Solltet ihr also auf Jump Scares warten oder einen Special Effect Rambazamba  – in dessen Folge mal wieder irgendein Dämon oder ähnliches in seine Schranken verwiesen werden muss – seit ihr bei „The Witch“ fehl am Platz.

Viel eher erinnerte mich die 3,5 Millionen $ Produktion von Beginn weg an das spanische Horrorkino beziehungsweise an die Frühwerke von Genre-Gott  Guillermo Del Toro. Von Anfang an wirkt die Stimmung bedrückend andersartig, was zum einen an dem im Jahre 1630 angesiedelten historischen Setting liegt und zum anderen an der im Mittelpunkt stehenden, streng puritanischen, gläubigen Familie, die allein versucht in der Wildnis ihr Glück aufzubauen. Dies ist vom Anfang an zum scheitern verurteilt und schon schnell kündigen sich die ersten unheilvollen Dinge an. Im Grunde hat man bereits zum Auftakt ein ungutes Gefühl, welches meisterhaft durch den Schnitt, die langen Kamerafahrten und vor allem durch die beeindruckende Sounduntermalung subtil weitergegeben wird.

 

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Und damit kommen wir wohl zu dem erstaunlichsten und tollsten von „The Witch„. Wir haben hier einen Regisseur der endlich mal wieder einen komplett eigenen Stil hat. Man kauft ihm ab, eine ganz klare Vision im Kopf gehabt zu haben. Hierbei bedient sich Eggers zwar reichlich bei bekannten Genre-Werken, jedoch geht er dabei zu keinem Zeitpunkt plakativ vor. Rückendeckung bekommt er von den überzeugenden Schauspielern. Besonders Newcomerin Anja-Taylor Joy spiegelt das hin und hergerissen sein zwischen kindlicher Neugier und fraulicher Verantwortung wieder. Ähnlich wie bei „The Revenant“ (wenn auch nicht ganz so intensiv) spürt man förmlich zu jeder Zeit die Kälte und Härte der Natur in der sie sich befinden.

Leider hapert es es dagegen an der Erzählweise. Schön dass es auch mal Regisseure gibt, die sich im Horrorfach Zeit lassen, aber obwohl die Story zum Anfang schnell zum ersten Plotpoint ranprescht, hab ich das Gefühl dass ein zweiter fast komplett weggelassen wurde. Mittendrin plätschert mir dann doch zu sehr das Familiedrama dahin, ohne interessantes zu bieten. Ich hab mich dabei erwischt, wie ich mich wirklich sehr stark langweilte. Dies störte mich selber, da der Film zwischendurch wunderbar verstörende Bilder auffährt und ich mehr von der Welt und ihren Figuren wissen wollte (womit nicht die Familie gemeint ist). Manchmal ist ja gerade die Unwissenheit das Sschöne, hier jedoch versagte dieser Standpunkt bei mir. Zum Glück macht „The Witch“ am Ende wieder sehr viel durch seine Eigenheit wett, dennoch bekommt der Streifen aufgrund meiner Kritikpunkte von mir einige Abzüge. Abschließend bleibt das Hexen-Horror-Märchen für mich trotzdem bisher der wichtigste Beitrag zum Horrorkino in diesem Jahr. Regisseur Robert Eggers zeigt, dass es auch anders geht – und für mich künstlerisch besser – als der mittlerweile seit Jahren präsentierte Einheitsbrei.

 

The Witch - Bewertung

Ab dem 19. Mai 2016 nur im Kino!

Facebook: https://www.facebook.com/thewitchDE/

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