KRITIK – BRING MIR DEN KOPF VON ALFREDO GARCIA

© Koch Media GmbH
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Autor: Dominik Starck

Sam Peckinpah war ein ebenso herausragender wie schwieriger Künstler, ein wahrer Filmemacher, der mit seiner Art und seinem Werk immer wieder anstieß. Bei seinem Low-Budget-Film BRING MIR DEN KOPF VON ALFREDO GARCIA genoss er die künstlerische Freiheit, die ihm so oft in seiner Karriere verwehrt blieb und nutzte diese für ein Meisterwerk, welches der Anfang vom Ende Peckinpahs war.

Inhalt: Alfredo Garcia ist ein toter Mann. Buchstäblich, wie der gescheiterte Barpianist Bennie (Warren Oates) schnell herausfindet. Das aber wissen die Wenigsten und „El Jefe“ (Emilio Fernandez) will den guten Alfredo ohnehin tot sehen, hat der Charmeur doch seine Tochter geschwängert. Eine Million Kopfgeld setzt El Jefe aus und eine ganze Gruppe wenig zimperlicher Gestalten macht sich auf die Jagd. Bennie wittert seine Chance ins große Geschäft einzusteigen und damit für sich und seine Freundin Elita (Isela Vega) ein neues Leben in Freiheit und Reichtum zu ermöglichen. Alles, was er braucht, ist der Kopf von Alfredo Garcia…

 

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Regisseur Sam Peckinpah (1925-1984) kam aus dem Western-Fernsehen und erhielt schließlich die Gelegenheit, seinen ersten Spielfilm, ebenfalls ein Western, zu drehen. Den GEFÄHRTEN DES TODES (1961) folgte bereits ein Jahr später ein früher Höhepunkt mit dem Western SACRAMENTO (1962) und bald darauf der erste Problemfilm SIERRA CHARRIBA (1965). Dieses Auf und Ab sollte Peckinpahs außergewöhnliche Karriere prägen, denn immer wieder geriet er mit Finanziers, Produzenten und jedem anderen in der Branche aneinander. Mal ging es ums Geld, mal um die Länge oder Härte seiner Filme, manchmal auch um kreative Entscheidungen oder einfach die sture Gesinnung von „Bloody Sam“.

Während sein Meisterwerk THE WILD BUNCH – SIE KANNTEN KEIN GESETZ 1969 den Western revolutionierte und breitflächige Akzeptanz fand, sorgte die in Zeitlupe gekonnt zelebrierte Gewalt darin auch für manches Stirnrunzeln. Film um Film folgte und immer wieder wurde der Frust Peckinpahs geschürt, dass er seine Visionen kompromittiert sah. Nicht so jedoch mit BRING MIR DEN KOPF VON ALFREDO GARCIA, ein Film, der für vergleichsweise sehr geringes Budget im kostengünstigen Mexiko gedreht wurde. Genau dieser Faktor, das vergleichsweise wenig auf dem Spiel stehende Geld, sorgte dafür, dass es praktisch keine Interventionen gab und Peckinpah seine melancholische Liebesgeschichte mit Blei-Garnitur so umsetzen konnte, wie er das wollte.

 

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Die Schauspieler dankten es ihm mit Bestleistungen, allen voran der viel zu wenig bekannte Warren Oates (1928-1982), der bereits in THE WILD BUNCH mit von der Partie war. Aber auch die Mexikanerin Isela Vega, die bis heute vor der Kamera aktiv ist, trifft ihre Rolle als in Oates‘ Bennie verliebte Prostituierte auf den Punkt.

Untermalt von den Klängen des dreifach Oscar-nominierten Peckinpah-Weggefährten Jerry Fielding (1922-1980) entfaltet sich ein viele Genres umspannender Film, der in gewisser Weise auch das zerrissene Wesen seines Schöpfers widerspiegelt. So ist der Film eine leidenschaftliche Liebesgeschichte zweier vom Leben immer wieder enttäuschter Erwachsener, ein Road-Movie durch Mexiko aber auch ein Actionthriller, denn die Gewalt, für die Peckinpah bekannt und auch ein wenig verschrien war, ist natürlich ebenfalls gegenwärtig.

Nach BRING MIR DEN KOPF VON ALFREDO GARCIA, dem leider kein bemerkenswerter wirtschaftlicher Erfolg zuteilwurde, obgleich er heute einen längst rehabilitierten Ruf genießt, ging es in die schwierige Spätphase von Peckinpahs Schaffen, die noch immer sehenswert ist, aber abseits von STEINER – DAS EISERNE KREUZ (1977) keine Meisterwerke mehr hervorbrachte. Umso wichtiger erscheint dieser Film, dessen letztes Bild wie ein Ausrufezeichen die Mündung einer Waffe zeigt, neben der Peckinpahs Name eingeblendet wird. Und doch ist es ein gefühlvolles Werk, das immer wieder zum neuen oder erstmaligen Entdecken einlädt.

 

Bring mir den Kopf von Alfredo Garcia - Bewertung

 

Infos zum deutschen Mediabook von Koch Media:

In Sachen Heimkino führt derzeit kein Weg an dem 2016 erschienenen, überaus vorbildlichen Mediabook von Koch Media vorbei. Es handelt sich dabei um das erste Peckinpah-Mediabook in Deutschland überhaupt und beinhaltet den Film auf Blu-ray und DVD sowie eine weitere DVD mit dem starken Bonusmaterial von Peckinpah-Experte Mike Siegel (PASSION & POETRY: THE BALLAD OF SAM PECKINPAH, PENDECHOS!), der auch einen deutschsprachigen Audiokommentar zu dem Film eingesprochen hat. Die sonstige Ausstattung umfasst eine neu zusammengestellte Dokumentation namens „Passion & Poetry: Sam’s Favorite Film“ (56 Min.), zwei Featurettes („A Writer’s Journey“ mit 26 Min. Laufzeit und „Passion & Poetry in Locarno“ mit 13 Min.), Trailer und TV-Spots, eine Bildergalerie mit sagenhaften 137 Bildern und ein 16seitiges Booklet von Mike Siegel.

 

Seit dem 05. Mai 2016 auf Blu-ray und DVD im Mediabook von Koch Media erhältlich!

Mediabook-Cover & Bilder © Koch Media GmbH.