Wie fängt man eine Kritik zu einem Alexander Kluge-Kinofilm an? Nicht nur der Film, wie man gleich lesen wird, stellte mich vor eher unbekannten Problemen.
Nein, schon das Konzept des ,,darüber redens,, nach dem Filmgenuss. Wobei Genuss ja schon ein eher falsch benutztes Wort sein könnte.
Wer ist denn dieser Alexander Kluge überhaupt und warum tritt der alle 2-3 Jahre schleichend in mein Leben? Die Frage die ich mir stelle, nachdem ich dem nachgegangen bin ist…..warum ist er nicht STÄNDIG in der Wahrnehmung der deutschen Unterhaltung zu sehe?
Kluge ist Schriftsteller Theoretiker, Produzent, Regisseur und was nicht noch alles.Was ihn so besonders macht ist die Tatsache, dass er sich zeitlebens dafür einsetzt, dass die Medien und Möglichkeiten frei bleiben, Künstler sich jederzeit fern irgendwelcher Klischees und festgefahrenen Konstrukte bewegen können.
Wir reden hier jetzt nicht über die glatte Andersartigkeit eines Jarmusch oder Lanthimos, sonders die wirkliche kreative Freiheit ohne Rücksicht auf seine möglichen Zuschauer. Dabei setzt er sich gerne philosophisch und reflektierend mit der Vergangenheit auseinander, in Verbindung mit heutigen Gesellschaftformen. Dass er sich nicht einsperren lässt sieht man auch an den Laufzeiten seiner Projekte. Von 2 Minuten bis 9 Stunden findet man alles.
Nun also HAPPY LAMENTO. Kluge, mittlerweile 86 Jahre und dabei ein Wiederholungstäter, der von ihm bekannte Themen wieder hervor holtund neu zusammensetzt. Dabei ist sein neuester Output eher dokumentarisches Musikvideo anstelle von narrativem Spielfilm. Man muss schon eine Vorliebe für Metaphern und Gedankenspiele haben, denn die Bilderfolgen sind schon reichlich verwirrend. Auf billigste 90er-Jahre Schriftästhetik trifft eine ständige Dreiteilung des Bildes, auf welchem unterschiedlichstes Material gezeigt wird, welches schwer in Verbindung zu bringen ist. Wenn darauf King Kong oder Helge Schneider folgt weiß man dass man fest in einem fremden Gedankenkostrukt steckt. Emotionaler wird es wenn er die Slums von Manila als Gegenpol zur westlichen Dekadenz aufzeigt. Das ist hart und unangenehm und ungläubig erhält man Einblick in eine Welt die man vorher mit Sicherheit noch nicht sah.
Aber jetzt mal Butter bei de Fische. 90 Minuten diesen ungreibaren leicht beklemmenden Rausch im dunklen Kino zu sehen muss eine Erfahrung sein die Spuren hinterlässt. Eine anstrengende dazu. Bei der Zusammenarbeit mit Khavn De La Cruz hat er zudem ein sehr glückliches Händchen bewiesen. Der Vorreiter des phillipinischen Digitalkino hat immer den perfekt sitzenden Score zur Hand und wertet das Ganze auf.
Abschließend kann man sagen dass sich auch HAPPY LAMENTO jeglicher Wertung verweigert. Zusehr ist er Experiment aus dem jeder was anderes zieht oder eben gar nichts. Ich bin da eher auf der negativen Seite, aber die Alexander Kluge DVD-Sammlung ist trotzdem schon in der Sammlung. Denn…
Fazit: Für mich waren es 90 Minuten pure Langeweile, bei der ich wahnsinnig glücklich bin dass es sie gibt.