KRITIK: GODZILLA II – KING OF THE MONSTERS

© Warner Bros.
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Autor: Michael Scharsig

Wir schreiben das Jahr 2014. Als riesiger Godzilla Fan sitze ich im Kinosessel und messe ein letztes Mal meinen Puls bevor der Saal sich verdunkeln sollte. Seit Roland Emmerich seinen fischfressenden Allosaurus für Inklusion auf die Welt losgelassen hat, verarbeitete ich ein Trauma. Ein Trauma aus Frust und Wut. Doch Hollywood bekam eine 2. Chance. Der Saal verdunkelt sich, die Boxen dröhnen und 2,5 Stunden später verlasse ich das Kino nicht nur geheilt, sondern überglücklich. Edwards hatte der Filmlegende Respekt, Ehrfurcht und Bombast zurückgegeben. Kino!

5 Jahre später pures Wasteland. Wir befinden uns in einer Franchise verseuchten Zeit, in der Blockbuster nur noch schneller, lauter, stumpfer und härter abgehen müssen. Was nicht von Streamingdiensten aufgesaugt wurde, ist entweder der Disney-Sklaverei verfallen, zu Dwayne Johnson Testosteron Tele 5 Pornos verkommen oder kassentechnisch tot. So kam es, dass auch Godzilla in eine Filmreihe eingebettet werden musste. Nun muss er sich „Rocky“-mäßig auf den großen Endkampf gegen King Kong vorbereiten. „Show must go on.“

 

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Was soll ich sagen? Meine Erwartungshaltung kann man getrost mit der Saisonleistung des Hamburger SV vergleichen. Ich dachte mir noch bei „Skull Island“ das wird schon irgendwie. Was sollte ich dafür bestraft werden. Nicht nur, dass im ersten Kong als Godzilla-Pendant die gesamte Ehrfurcht, die ganze Bewunderung und die ganze epische Atmosphäre abgetötet wurde. Nein. Sie wurde durch saudämliche Farbfilter Spielereihen, Muckibuden-Soldaten und Macho-Sprüche ersetzt. „Fast & Furious: Affen Edition“. Meine Euphorie lag bereits nackt und unbewaffnet am Boden. Dann trudelten die ersten Trailer und News zu „Godzilla II: King of the Monsters“ ein und traten nochmal zu.

Edwards im Regie-Stuhl ersetzt durch den „Macher von „Superman Returns“ und „X-Men: Apocalypse“. Godzilla’s Gegenspieler dieses Mal nicht zu zweit, nein, dieses Mal sollten gleich bis zu drei große Namen alter Filme zu neuem Leben erweckt werden. King Ghidorah, Rodan, Mothra. Plus weitere? Nach ersten zugegeben echt schönen und atmosphärischen Teasern kamen dann Trailer gespickt mit Explosionen, Geschrei, epischen Fights und fragwürdigen Einzeilern. Meine Hoffnungen hatten sich nach Heulkrämpfen zurück ins Kinderzimmer gezogen, um dort die Wände mit schwarzen Kreiseln zu bemalen und Rachegelüste in Latein rückwärts ausgesprochen aus dem Fenster zu brüllen.

 

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Da ich einen Hang zur cineastischen Selbstgeißelung habe, sitze ich nun wieder im Kino. Selbe große Leinwand, Vorpremiere. Ich kann es nicht lassen. Irgendetwas in mir will, dass auch der zweite „Godzilla“ gut wird. Meine Euphorie kam nie zurück, meine Hoffnung wich Ironie und irgendwie hatte ich mich therapiert und sitze nun relativ locker im Saal. Das Licht im Kino geht aus und ein Typ neben mir meint zu seinem Kumpel noch „So, Kopf auf, Hirn raus und Beschalluuuuung!“. Monate zuvor hätte ich mich vor Panik eingenässt. Doch ich lächele nur resignierend. Ein bisschen creepy, aber auch befreit von Panik. Dann geht es los und was soll ich sagen: Es war ganz okay, Leute! Es war ganz okay!!

Keine Frage, die Storyline wirkt gehetzt wie Aldi-Kunden vor einem Feiertag. Und um Mario Barth Fans abzuholen, tauchen tatsächlich Punchlines wie „My God“ – „…zilla!“ im Film auf. Trotzdem hat mich Michael Dougherty’s Film bestens unterhalten. Nicht nur, dass er besten Fan-Service liefert durch etliche Anspielungen und Liebeserklärungen (das macht er sogar besser als Edwards). Er hat es geschafft, eine Balance zu finden zwischen der erzwungenen Last, mehr liefern zu müssen und massentauglicher zu werden und trotzdem gute Eigenschaften des Vorgängers beizubehalten. Er hat sein Versprechen gehalten.

 

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Die menschlichen Figuren bleiben allesamt in der 2. Reihe und das ist ja auch irgendwie gut so. Jeder erfüllt so ein wenig seinen Zweck und trägt zur etwas überkonstruierten Handlung bei. Dabei fällt glücklicherweise niemand aus dem Rahmen und so lange hier kein Chris Pratt auftaucht, der kleine Godzillas dressiert, ist doch alles gut. Ken Watanabe bekommt einen netten Glückskeks-Spruch zugeschrieben und darf mit dem Oxygen-Zerstörer rumspielen. Vera Farmiga darf Monster befehligen, Kyle Chandler sein Wolfswissen einsetzen und Millie Bobby Brown hat jetzt Haare auf dem Kopf. Dazu kommt noch, dass bald der gesamte „Straight Outta Compton“ Cast mitmischen darf und Sally Hawkins klarwerden dürfte, dass man mit Echsen vielleicht doch nicht immer ins Becken steigen sollte.

Die Stars sind die „Titanen“. Vorne weg marschiert eindeutig King Ghidorah – durchweg böswillig, absolut unberechenbar und wortwörtlich monströs. Was für ein Vieh! Doch auch Rodan und Mothra bekommen ihre Momente. Allerdings wird Mothra anfangs so göttlich angeteasert, dass die Vorfreude von Fans hier wohl noch am ehesten wie Flügelstaub zerfallen dürfte. Ja, die Titanen sind unheimlich und unheimlich gut in Szene gesetzt – den Drehbuchautoren ist es außerdem gelungen die Geschichte dieser Monster einigermaßen passend und sympathisch in die gesamte Story einzuflechten. Es gibt Überraschungen, es gibt ausreichende Erklärungen und es wurden Elemente aus alten Filmen mit eingebaut. Das hat mich wirklich überrascht.

 

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Und Godzilla? Hat etwas abgespeckt, den düsteren Blick zum Glück verfeinert und neue Tricks auf Lager. Diese Kreatur ist Bombast pur. Er besitzt nach wie vor nicht viel Screentime, doch wie schon im Vorgänger nutzt er die wenigen Augenblicke in wirklich epischem Ausmaß. Wenn sein mechanisches Gebrüll durch die Boxen brettert und sich sein „atomarer Strahl“ entlädt, dann ist das noch immer faszinierend. Außerdem ist mir aufgefallen, dass er immer nur dann in seinem Element ist, wenn ausreichend Hochhäuser in der Nähe stehen. Durch was soll er seine Widersacher denn auch sonst rammen?

Schwächen zeigt der Film im Schnitt, sowie im Ton-Mix und Tonschnitt. Waren Szenen aus Edward’s Godzilla in diesen Bereichen beinahe oscarwürdig (Halo Jump, China Town, Flughafen, u.a.), hält der neue Teil nur selten mit. Zu oft musste hier alles schnell abgewickelt werden. In einigen Augenblicken wurden die Titanen hier ihrer optisch ja eindrucksvollen Präsenz an Substanz beraubt. Im Prinzip kann der Film hier nur dann punkten, wenn er Teil 1 kopiert. Der Score von Bear McCreary, der wundervoll mit Elementen aus alten Filmen schläft, passt dagegen wie die Faust aufs Auge. Ich betone das, weil sowohl Sound als auch Soundtrack Edward’s Godzilla zu etwas Besonderem haben werden lassen. Daran musste sich das Sequel dann eben doch messen lassen.

 

Godzilla II - Bewertung

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