KRITIK – JANE GOT A GUN

© Universum Film GmbH
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Autor: Dominik Starck

JANE GOT A GUN sollte Natalie Portman zusammen mit Michael Fassbender unter der Regie von Lynne Ramsay (WE NEED TO TALK ABOUT KEVIN) in den Wilden Westen schicken. Alles basierend auf einem der heißesten Drehbücher der Saison. Am Ende waren Portman, die den Film auch produzierte, sowie eine überarbeitete Version des Drehbuchs die einzigen Elemente, welche von dieser Konstellation übrig blieben. Wie der hinter den Kulissen konfliktbeladene versehene Western von Gavin O’Connor (WARRIOR) letztlich geworden ist erfahren Sie hier!

Zum Inhalt: Jane (Natalie Portman) hat ein Problem; ihr Mann, der ehemalige Gesetzlose Bill „Ham“ Hammond (Noah Emmerich), kommt mit ein paar Kugeln im Körper nach Hause zurück und offenbart ihr, dass die Bande von John Bishop (Ewan McGregor) auf dem Weg zu ihnen ist. Bishop hat mit Jane und Ham noch eine alte Rechnung offen, die nur in Blut beglichen werden kann.
Schnell bringt Jane die gemeinsame Tochter in Sicherheit, rüstet auf und bittet ihren früheren Verlobten Dan Frost (Joel Edgerton) um Hilfe gegen Bishop. Dan lehnt zunächst rüde ab, überlegt es sich dann aber doch anders und eilt seiner großen Liebe und ihrem schwer verletzten neuen Mann zur Hilfe. In der Abgeschiedenheit ihrer Farm warten die drei auf den haushoch überlegenen Gegner…

 

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Bei einer Produktion, deren Probleme so offensichtlich ans Licht der Öffentlichkeit gerieten, wie dies bei JANE GOT A GUN der Fall war, fällt es stets etwas schwer, den fertigen Film noch objektiv zu beurteilen. Obschon der Film auch bei neutraler Wertung einen insgesamt recht generischen Eindruck macht, bietet er genug Elemente, die erahnen lassen, weshalb das ursprüngliche Drehbuch von Brian Duffield 2011 auf der sogenannten „Black List“ für die beliebtesten nicht produzierten Drehbücher stand.

Brian Duffield ist ohnehin einer der aufstrebenden Namen, auf die man in den nächsten Jahren achten muss. Der Autor gilt als „heiß“, obwohl alles 2010 noch recht bescheiden mit dem Kurzfilm PIZZA PARTY begann. 2011 schaffte es sein Drehbuch JANE GOT A GUN auf die „Black List“ und wurde verkauft. 2015 lief DIE BESTIMMUNG – INSURGENT im Kino, die Fortsetzung des erfolgreichen Science-Fiction-Films DIE BESTIMMUNG – DIVERGENT (2014). Auch dieses Auftragsdrehbuch stammte von Duffield. Als bei INSURGENT der Regisseur wechselte brachte der neue Mann am Steuer auch einen neuen Autoren mit, der Duffields Buch überarbeitete. Doch Duffields Fuß war in der Tür. 2014 stand sein neustes Buch THE BABYSITTER ebenfalls auf der „Black List“. Nahezu jeder Genre-Regisseur riss sich um die Horrorkomödie. Schließlich übernahm McG, der ursprünglich nur produzieren wollte, selbst die Regie. Der Film mit Robbie Amell und Samara Weaving (ASH VS. EVIL DEAD, MAYHEM) ist bereits abgedreht und Duffield arbeitet inzwischen als Autor und Regisseur an VIVIEN HASN’T BEEN HERSELF LATELY.

 

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Doch zurück zu JANE GOT A GUN, bei dem wir uns natürlich auf die Stärken und Schwächen des vorliegenden Filmes konzentrieren möchten aber nicht umhin kommen, zusätzlich einen kurzen Blick auf das Chaos hinter den Kulissen zu werfen.

Im Frühjahr 2012 wurde bekannt, dass Natalie Portman den Film mit sich selbst in der Hauptrolle produzieren wolle. Als Regisseurin stieß Lynne Ramsay zu dem Projekt, woraufhin schließlich Michael Fassbender (X-MEN: ERSTE ENTSCHEIDUNG) zusagte, Janes früheren Verlobten zu spielen. Dann wurde der Australier Joel Edgerton (STAR WARS, EXODUS) als Schurke Bishop besetzt. Doch bereits in dieser Phase begann es bei dem Projekt Ärger zu geben. Schließlich stieg Fassbender –offiziell wegen Terminproblemen mit X-MEN: ZUKUNFT IST VERGANGENHEIT– aus dem Projekt aus. Inoffiziell hieß es, Fassbender sei wegen unprofessionellem Verhalten seitens der Produktion und kreativen Differenzen gegangen. Ramsay besetzte Edgerton auf Fassbenders Rolle um und holte Jude Law als Bishop neu an Bord. Schließlich kam der erste Drehtag- doch Regisseurin Ramsay erschien nicht zur Arbeit. Als sie infolge dessen aus dem Projekt ausstieg warf auch Jude Law das Handtuch, da er nur zugesagt hatte, weil er mit Ramsay arbeiten wollte.

Das Projekt stand auf der Kippe, doch mit Gavin O’Connor war schnell ein neuer Regisseur gefunden, der seinen WARRIOR-Ko-Autoren Anthony Tambakis engagierte, um zusammen mit Hauptdarsteller Edgerton das Drehbuch von Duffield umzuschreiben, dem damit das selbe passierte wie bereits bei INSURGENT. Der Kameramann sprang indes ebenfalls ab und wurde durch Mandy Walker ersetzt. Als Schurke wurde Bradley Cooper engagiert, doch als die Dreharbeiten für seine Szenen auf Juni angesetzt wurden musste auch Cooper ebenfalls aufgrund von Terminproblemen aus dem Projekt aussteigen.

 

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Mit dem überarbeiteten Drehbuch und neuem Regisseur wurde schließlich final Natalie Portmans STAR WARS-Co-Star Ewan McGregor als Schurke besetzt, den man optisch ein gutes Stück weit veränderte, wohl, damit er sich deutlicher von Edgerton abhob. Für die vakante Rolle des „Ham“ engagierte Regisseur O’Connor Noah Emmerich, mit dem er bereits beim Pilotfilm der erfolgreichen Serie THE AMERICANS gearbeitet hatte. Emmerich hatte zudem seine erste Hauptrolle in dem wunderbaren Film BEAUTIFUL GIRLS (1996), in dem die junge Natalie Portman, Timothy Hutton (LEVERAGE) um den Finger wickelte.

Nun hat das Chaos der Vorproduktion doch einigen Raum eingenommen. Lange Rede, kurzer Sinn; der Film wurde im Sommer 2013 nach zahlreichen Umbesetzungen gedreht und folgerichtig zögerte sich auch die Fertigstellung beziehungsweise schließlich die Veröffentlichung lange hinaus.

Der fertige Film punktet mit einer verschachtelten Erzählstruktur, welche die Vergangenheit der Charaktere und ihre Beziehungen zueinander immer wieder in kleinen Rückblenden offenbart. Während die Gegenwartshandlung minimalistisch ist und gradlinig erzählt wird, ohne dabei allzu viele Überraschungen zu bieten, wird durch die Rückblenden eine gewisse Verspieltheit einbezogen, die den Film nicht so flach erscheinen lässt, wie dies sonst vermutlich der Fall wäre.

 

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JANE GOT A GUN besitzt einige gesunde Härten, welche eher nach einer Freigabe ab 16 Jahren rufen, allerdings meist so schnell vorbei sind, wie sie auftauchten. Dazwischen dominieren ruhige, nachdenkliche Momente unterschwelliger Spannung, die vor allem aus den Beziehungen der Figuren untereinander entsteht. Hier ergibt sich allerdings das Problem, dass die Struktur des Filmes vorgaukelt, dass da mehr ist, als der Film tatsächlich zu bieten hat. Zu wenig Vielschichtigkeit wird bei den Charakteren geboten, auch wenn es an den Darstellungen wenig auszusetzen gibt. Vor allem Natalie Portman hat mit Sicherheit die Gelegenheit genossen, die abgehärtete Jane zu geben. Noah Emmerich ist verlässlich wie immer, auch wenn man sich wünscht, dass er noch etwas mehr hätte zeigen können. Edgerton ist weitgehend solide, wenn auch manches Mal etwas zu emotional. Bleibt noch McGregors etwas befremdlicher Antagonist, der seine Momente hat, aber womöglich nicht die ideale Rolle für den Schauspieler war.

Was bleibt ist ein staubiger, inhaltlich etwas dünner Western über eine Frau, die sich im Westen immer wieder widrigsten Umständen anpassen musste, eingefangen in eleganten Bildern. Auch wenn man spekulieren mag, was aus dem Stoff hätte werden können, kann man an der ordentlichen Umsetzung hauptsächlich bemängeln, dass es dem Szenario abseits des Rückblenden-Gimmicks an neuen Ideen fehlt.

 

Jane got a Gun - Bewertung

 

Die deutsche Blu-ray-Veröffentlichung wartet wenig überraschend lediglich mit einer Trailer-Galerie als Bonusmaterial auf. Ein Blick hinter die Kulissen aus Sicht der Beteiligten wäre sicherlich interessant gewesen, kann aber erst mit dem Abstand einiger Jahre erfolgen.

Ab 13. Mai 2016 auf DVD, Blu-ray und VOD erhältlich!

DVD-Cover & Bilder © und Eigentum Universum Film GmbH.