KRITIK: RUN (2025)

© Uwe Boll

Autor: Kevin Zindler

Vorab zu Uwe Boll und den Umgang mit seinen Filmen bzw. seinem aktuellen Film RUN. Dabei spielt natürlich die Filmförderung und das sogenannte Establishment eine wesentliche Rolle.

Uwe Boll ist einer der erfolgreichsten Filmemacher, die wir in Deutschland haben (seine Filme [über 60 als Produzent] werden weltweit ausgestrahlt und lizensiert), aber auch einer, der – trotz einer beeindruckenden Filmvita mit internationalen Superstars und weltweiten Verkäufen seiner Filme – hierzulande unterschätzt beziehungsweise zu gering wertgeschätzt wird. Er ist „unbequem“ und ja, nicht jedem mögen seine Filme gefallen (trotz einer großen Spanne von Unterhaltungsfilmen bis politischen Dramen) und er kann für einige Aussagen auch durchaus kritisiert werden. Fakt ist jedoch, dass er von Sendern und Streamern in Deutschland gemieden wird, wie der Teufel das Weihwasser (was die Finanzierung seiner Projekte angeht). Kein Einzelfall in einem Film-Deutschland, welches national wie international kaum noch eine Rolle spielt. Der Genrefilm (dazu zählen Actionfilme, Horror, Sci-Fi) in Deutschland – welcher mit Filmen wie METROPOLIS (1927) maßgeblich bei der Entstehung des Genrefilms beteiligt war – ist tot! Und das liegt oftmals an den Förderanstalten, die 75 % des Geldes in Filme stecken, die beim Publikum auf Desinteresse stoßen, wenn diese denn überhaupt jemals ausgestrahlt oder veröffentlicht werden. Immer wieder werden die gleichen Leute mit den immer gleichen Stoffen gefördert, Jahr für Jahr. Produktionen, die das Publikum überwiegend nicht sehen möchte. Wir überlassen den großen Kuchen der Genre-Unterhaltung den Amerikanern und den europäischen Nachbarn. Genrefilme im besten (Film)-Deutschland aller Zeiten? Fehlanzeige!

Es sei denn, sie werden von mutigen Filmemachern selbst oder privat finanziert. Nicht wenige scheitern oder riskieren ihre Existenz. Sämtliche Länder haben uns in diesem Bereich längst überholt bzw. abgehängt. Der Genrefilm wird in diesem Land kategorisch abgelehnt. Und wenn diesbezüglich dann doch mal etwas positives passiert, dann sind es überwiegend internationale Co-Produktionen, bei denen deutsche Investoren involviert sind, wie am Beispiel des Kriegsfilm-Remakes IM WESTEN NICHTS NEUES aus dem Jahr 2022. Zudem ist das Verfilmen von ungemütlichen Themen sehr schwierig geworden und erfordert einen immens hohen Kraftakt. Uwe Boll hat diese Erfahrungen der Ausgrenzung schon das eine oder andere Mal machen müssen. Er hat etliche Kämpfe gekämpft. Statt sich den Förderanstalten anzubiedern, hat er seine Visionen ohne Kompromisse durchgezogen – nur halt im Ausland. Ein gutes Beispiel für dieses These ist der neue Boll-Film RUN, bei dem es um die illegale Migration geht, mit internationalen Stars.

 

© Uwe Boll

Zum Inhalt: RUN erzählt verschiedene Geschichten von Menschen mit unterschiedlichen Ansichten und davon, wie die Migrantenkrise ihr Leben beeinflusst. Die Handlung spielt größtenteils an einem Tag in einer kleinen Stadt in Süditalien. Als ein Boot mit Migranten die Küste erreicht und ein Flüchtling und eine Geisel getötet werden, eskaliert die Lage.

RUN zeigt auf, dass die Migration oftmals für die Migranten als auch den Einwohnern des jeweiligen Landes eine Loose/Loose Situation ist. Schonungslos und ohne sich auf eine Seite zu stellen schildert Boll an Beispielen verschiedener Personen das große Dilemma. Der Film, der in Italien spielt, aber in Kroatien gedreht wurde, geht dabei Behutsam mit den Charakteren beziehungsweise der Geschichte um, welche aber dann in ein blutiges, bleihaltiges Finale mündet. Das Ende ist für die meisten Beteiligten kein Happy End, ganz genau wie im wahren Leben.

Boll konnte einen extrem namenhaften Cast zusammenstellen. Amanda Plummer (Pulp Fiction, 1994), die eine amerkanische Touristin spielt, welche einer geflüchteten schwangeren Frau helfend zur Seite steht, spielt herausragend. Generell steckt in der freundschaftlichen Beziehung zwischen ihr und der Frau unheimlich viel Gefühl. Herausragend spielt auch James Russo (DJANGO UNCHAINED, 2012), der von der Situation durch die „Flutung“ der Migranten überfordert scheint und zu den Waffen greift.

Doch auch der weitere Cast überzeugt unter anderem mit Ulrich Thomson (DAS FEST, BANSHEE, 2013-2016), Barkhad Abdi (CAPTAIN PHILLIPS, 2013 [für den Oscar nominiert]), Marcus Henderson (GET OUT, 2017), Sammy Sheik (AMERCAN SNIPER, 2014), sowie Kristen Renton (SONS OF ANARCHY, 2009-2013) und Daniel Sauli (THE BLACKLIST, 2013-2023), die beide auch schon bei Bolls FIRST SHIFT (2024) dabei waren.
 
Negativ anmerken kann man die Eskalation im Finale des Films, denn trotz „nachvollziehbaren“ Gründen aus der Sicht der Täter, scheint der Angriff doch recht unwahrscheinlich zu sein, gerade weil der Film sehr authentisch gehalten ist. Es handelt sich bei RUN aber trotz allem immer noch um ein Unterhaltungsprodukt mit wichtiger Message, weswegen die Entscheidung Bolls dahingehend verständlich ist – zumal es auch nicht ausgeschlossen wäre. Niemand weiß, wozu ein Mensch in der Lage ist.

Fazit: RUN ist ein wichtiger filmischer Beitrag über eines der existenziellsten Themen der heutigen Zeit. Der Film setzt sich auf mutige Weise mit der Folgen der unkontrollierten Migration auseinander, die durch verantwortungslose Politik und Tyrannen anderer Länder entstehen, die zulassen, dass diese Probleme die Menschen spalten. Es geht einerseits um die Migranten, die verzweifelt versuchen einfach ein besseres Leben woanders zu führen (was kriminelle Schlepper für sich nutzen) und andererseits um die Bürger eines Landes in dem migriert wird, die überfordert sind (Infrastruktur, Schulen, Unterkünfte, Wohnungen).

RUN ist ab sofort auf sämtlichen Streamern verfügbar – inklusive bei Amazon.