KRITIK: GLASS

Glass - Bild 1
© The Walt Disney Company Germany GmbH

Autor: Michael Scharsig

Ersparen wir uns allen einfach mal den typischen Einstieg, der uns an die Auf- und Untergänge von M. Night Shyamalan erinnert und fangen mit folgendem Statement an: Dass der Anti-Blockbuster „Unbreakable“, McAvoys Sternstunde „Split“ und „Glass“ schon immer als Trilogie geplant waren –  kaufe ich niemandem ab. Ich weiß, dass die Figur Kevin zwar schon damals existierte und aufgrund von Drehbuchbedenken ignoriert wurde, trotzdem denke ich, dass hier aus der Not eine Tugend gemacht wurde. Das allerdings mit einem großen Schwung Kino!

Bruce Willis ist eine meiner Legenden, nicht weil er zu den größten Darstellern aller Zeiten gehört, sondern weil er ganz entscheidend mit dazu beigetragen hat, dass ich eine echte Liebe zum Kino entwickelte. Umso enttäuschter musste ich zuletzt feststellen, wie „müde“ er in jüngsten Auftritten wirkte. Tatsächlich hilft ihm das in „Glass“, denn seine Figur David Dunn aus „Unbreakable“ spielt er heute wie damals mit einer erschreckend authentischen Melancholie. Dazu gesellt sich ein Samuel L. Jackson, der so gut wie jede Rolle ausfüllen kann und seinen diabolisch zerbrechlichen Mister Glass perfektioniert.

 

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So sehr ich mein „Stirb-Langsam 3“-Duo auch liebe, James McAvoy stiehlt beiden die Show. Schon in „Split“ war ich begeistert und wollte unbedingt mehr über den persönlichkeitsgestörten Kevin erfahren. Tatsächlich wirkt „Glass“ auch ein wenig wie ein „Split“-Sequel, da McAvoy deutlich mehr Screentime erhält, als die anderen beiden „Hauptdarsteller“. Es ist erstaunlich mit was für einer Präzision und Spielfreude die verschiedensten Persönlichkeiten fast schon im Sekundentakt präsentiert werden. Auf. Den. Punkt! Et cetera.

Habe ich eben noch daran gezweifelt, dass alle drei Filme schon immer als Trilogie geplant waren? Mag sein, es ist mir aber auch egal. Shyamalan beweist hier absolutes Fingerspitzengefühl und verwebt seine Geschichten so gekonnt zusammen, dass es mich nicht stört. Im Gegenteil. Hier und da macht es sich das Drehbuch etwas zu simpel, aber nie auf peinliche Art und Weise. Die Handlungsabläufe sind ein unterhaltsamer Mittelfinger Richtung Comic-Blockbuster und trotzdem zu keiner Minute langweilig. Hinzu muss noch erwähnt werden, dass auch die bedeutendsten Nebenfiguren samt Originaldarsteller zu diesem Film überredet, engagiert und sehr passend eingebaut wurden.

 

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Mir gefällt einfach, mit welch frischen Ansätzen Shyamalan sich hier an das Mainstream-verwöhnte Superhelden-Genre wagt und dem Ganzen trotz fiktiver (oder nicht fiktiver?) Momente enorm viel Authentizität verpasst. Allein der Umgang mit dem sich anbahnenden Mega-Showdown verdient ein paar Schulterklopfer. Wie war das doch gleich? Die ursprünglichen Superhelden hatten gar keine übernatürlichen Fähigkeiten und wurden später lediglich überzeichnet? Diese Aussage beißt sich wie ein roter Faden durch den Film und ja, das wird nicht allen gefallen. Mir macht es Spaß.

Interessant ist auch, wie wenig „Glass“ in „Glass“ steckt. Aber dazu später mehr. Jedenfalls werden überraschend viele Figuren sehr wichtig für das Gesamtbild und Neubesetzung Sarah Paulson wird es sicherlich schwer haben, allen Fans der Reihe zu gefallen. Denn ihre Figur scheint nicht nur nervig bemüht um Fairness und Psychologie zu sein, nein. Sie wird später auch in den Fokus gerückt und zwar genau dann, wenn man eigentlich schon mit ihrer Rolle abgeschlossen hatte. Es fällt ungemein schwer, diesen Film nicht zu spoilern und so belasse ich es damit, dass Mister Glass hier zwar nicht im Vordergrund steht – er aber einen Plan hat. Und dieser Plan muss sich das Finish mit einem weiteren Shyamalan Twist das Podest teilen. Heikel. Ich find’s klasse. 

 

Glass - Bewertung

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