SPECIAL – KHALIL´S TRASHFILM-NACHMITTAG („HARDROCK ZOMBIES“ & „THE RIFFS II – FLUCHT AUS DER BRONX“)

Khalil Boeller und Florian Wurfbaum
Khalil Boeller      &      Florian Wurfbaum

Autor: Khalil Boeller

Der ein oder andere Blogleser wird mich vom Celluleute-Podcast kennen, einem der grössten Podcasts über Filme in Deutschland. Und ab jetzt wird man mich hier in schöner Regelmässigkeit lesen, nachdem mich Florian gebeten hat, für den Entertainment-Blog zu schreiben.

 

Und was wäre besser geeignet für meinen Einstand als das, wofür ich schon bei Celluleute auch bekannt war, nämlich meine Liebe zu den Baddies, bzw. der wunderbaren und kunterbunten Welt des Trashkinos? Neben dem Genrekino wie SF und Horror ist das meine grosse Leidenschaft, und seit jetzt 4 Jahren veranstalte ich in München Trashfilmevents, und bevor ich über meinen letzten Event berichte, bei dem auch Florian zugange war, vielleicht noch eine kleine, persönliche Definiton, was für mich Trashkino ausmacht.Trash – eigentlich wird das diesem bunten Potpourri aus Filmen kaum gerecht & ich tue mich auch ein wenig schwer mit dieser Bezeichnung.
 

Trashkino ist inzwischen schick geworden, nicht nur Dank Filmreihen wie SchleFaz auf Tele 5 oder die ARTE Trashfilmreihe, auch die Flächenmärkte sind voll mit dem, was gerne landläufig als Trash bezeichnet wird, da liegen 4 köpfige Haie neben Zombies in einem Flugzeug, Filme, bei denen Produzenten vor Jahren die Köpfe geschüttelt hätten, die inzwischen aber Dank Marketing ihr Kosten mehr als einspielen. Das Problem ist nur – das sind einfach schlechte Filme, die alle nach der gleichen Machart produziert worden sind: man nehme eine möglichst obskure Story, eine handvoll schlechter Schauspieler, ein paar CGI Effekte und fertig ist das „direct to DVD“ Produkt – und da ja Trash schick ist, wird sich das Ding schon verkaufen.
 

Das diese Filme den eigentlichen Gedanken hinter Trashfilmen verraten, das wird nur den Wenigsten bewusst, denn eine Besonderheit des Trashfilms ist es, dass es bis auf wenige Ausnahmen, nie eine Intension der Macher gewesen ist, einen besonders schlechten Film zu drehen.

 

Khalils Trashnachmittag - Einlass

Das echte Trashkino ist ein Sammelsurium, angefangen von Regisseuren, denen es leider an Talent, Geld oder Beidem gemangelt hat, aus irrwitzigen Ideen (Ein Draculafilm komplett gedreht in Gebärdensprache? Ja, wieso auch nicht?), bei denen sich mir nicht nur einmal die Frage gestellt hat, was zur Hölle Produzenten und Co. konsumiert haben bis hin zu Abschreibeobjekten von Filmfirmen. Teils ihrer Zeit weit voraus und von der Filmwissenschaft zu dem Zeitpunkt völlig verkannt (ein wunderbares Beispiel hierfür wäre Russ Meyer) haben diese Filme etwas an sich, was den geneigten Cineasten in seinen Bann zieht. Sicher, viele Filme funktionieren nur mit einem gewissen Alkoholpegel sowie in geselliger Runde, aber wer sich richtig mit diesen Filmen beschäftigt, der kann sich nur schwer der Faszination entziehen und für den öffnet sich ein weites Feld mit Filmen aus aller Welt – türkische Superheldenripoffs, balinesische Geisterfilme, thailändische Terminatorplagiate, Söldnerfilme aus Italien, das 50er Jahre Genrekino aus den USA, deutsche Aufklärungsfilme, japanische Monsterfilme, spanische Zombiefilme, Kunstfilme aus den Reihen der sogenannten Midnightmovies und so weiter und so weiter.
 

Und wer Filme gesehen hat, die komplett in der Kunstsprache Esperanto gedreht worden sind, Filme über großbrüstige Frauen, die Waffen in den Busen eingebaut haben, Western, die komplett mit kleinwüchsigen Darstellern gedreht worden sind, Drogenaufklärungsfilme, in denen Marihunaraucher zu Monstern mutieren, türkische Filme, die zu 60% aus Szenen von anderen Filmen bestehen, der wendet sich von den zweiköpfigen Haien mit einem Gähnen ab. Denn wer braucht schon schlecht inszenierten bewussten Trash, wenn es da draußen so unglaublich tolle Machwerke zu entdecken sind, die in ihrer Absurdität kaum zu überbieten sind, aber eine gewisse Schönheit in sich tragen, die man in Asylum Machwerken nur sehr schwer finden kann?
 

Und aus dem Grund habe ich auch meine Trashfilmreihe ins Leben gerufen– wer also zweiköpfige Haie in einem Flugzeug, die gegen Zombies aus einem Uboot kämpfen, der dürfte angesichts meiner Filmauswahl enttäuscht sein, aber diejenigen, die sich auf den echten Stoff einlassen, die dürfen sich auf echte Granaten gefasst machen und dafür sind die beiden Filme, die auf meiner letzten Reihe liefen, wunderschöne Beispiele.Ganz im Sinne der Baddies gab es im Werkstattkino in München, einem der besten Programmkinos in Deutschland mit einer sehr bewegten Vergangenheit, ein Doublefeature an einem verregneten Sonntag Nachmittag.

 

Hardrock Zombies - Bild
Den Anfang machte „Hard Rock Zombies“, tatsächlich eine der wenigen „gewollter Trash“ Ausnahmen, wobei, dass der Film genau da versagt, das macht ihn besonders spannend als Trashfilm. Wie auch seine Entstehungsgeschichte. Doch der Reihe nach.

 

Der Inhalt des Streifens lässt sich in ein paar kurzen Sätzen zusammenfassen – eisenharte Hardrocker (naja, der Musik nach zu urteilen eher nicht) haben einen Gig in dem kleinen Städtchen namens „Grand Guignol“(sic!).
 

Natürlich werden sie von der Dorfgemeinschaft angefeindet, die Hard Rock für das Urböse hält & auch sonst scheinen die Jungs nicht gerade das Glück gepachtet zu haben – denn einer ihrer weiblichen vermeintlichen Fans schleppt sie auf das Gehöft ihrer Familie, wo sie um die Ecke gebracht werden. Doch Dank eines anderen Fans bleiben die Herren nicht allzu lange tot & werden als Zombies wiederbeschworen, um grausame Rache zu nehmen…
Jaja, der Plot haut Niemand vom Hocker, aber der Film überbietet sich mit skurillen Einfällen, die so absurd sind, dass man wirklich nur fassungslos vor dem Fernseher sitzt. Beispiele gefällig?

Nun, wie wäre es mit einem Adolf Hitler, das Oberhaupt der Familie, der in den USA lebt? Seiner Frau Eva Braun, die ausserdem noch ein Werwolf ist? Zwei kleinwüchsige Enkel von den Beiden, von denen einer ohne Gesicht ist? Der sich nachher später selbst isst? Man kann sich tatsächlich nur sehr schwer eine geschmacklosere Komödie vorstellen, der Film ist im Grunde unsagbar peinlich, wie der Kumpel, der sich gerne auf der Party als Allererstes abschießt und daneben benimmt, aber genau deswegen und der grandiosen Dummheit, selbst die einfachsten Gags in den Sand zu setzen, macht der Film unglaublich viel Spaß.

Dazu kommt in der deutschen Fassung eine absolut zum Schreien komische Synchro, alleine die Rede, die Adolf Hitler hält (keine Bange wegen dem Spoiler, denn der Gute wird bereits nach einer halben Stunde enttarnt) ist sein Geld wert:
 

„Heute ist der Tag der Tage, auch der kritischen Tage, meine Damen! Ich fasse zusammen: No hope, no dope, no future! Amis raus aus USA, Winnetou ist wieder da!“
 

Was ein wenig von der Originalansprache abweicht, die da lautet:

„Schweinebrains! Schweinebrains! Schwarze killmachen, tot! Today Kalifornia, tomorrow ze world!“
 

Man merkt es schon, political correctness sucht man in diesem Machwerk vergebens.
Jedenfalls gehört „Hardrock Zombies“ für mich zu den wenigen gewollten Trashfilmen, die funktionieren, auch wenn das eher unfreiwilliger Natur ist. Aber er ist auch ein schönes Beispiel dafür, wie Trashfilme entstehen können, denn der Film ist im Grunde nur ein Nebenprodukt eines anderen Films.


Der Regisseur Krishna Shan hat Anfang der 80er eine recht platte Teeniesexkomödie mit dem Namen „American Drive In“ gedreht, ein Filmchen, welches schon lange in Vergessenheit geraten ist. Da der Film zu weiten Teilen in einem Autokino spielt, brauchte man natürlich auch etwas, was dort über die Leinwand flimmert und anscheinend war es billiger, irgendeinen Kram zu drehen als sich die Lizenz für einen Film zu besorgen. Und wenn man schon knapp eine Stunde an gedrehtem Material hat, was bietet sich da mehr an, als noch ein bisschen was nachzudrehen und eben das, was ursprünglich nur als Hintegrundmaterial gedacht war, zu einem vollen Film aufzublasen? Und da war er dann, der „Hardrock Zombie“. So gesehen wird der Film dadurch meiner Definition des Trashkinos gerecht.

 

Wer jetzt Amazon und Co. Nach der DVD durchforstet, den muss ich leider enttäuschen – „Hardrock Zombies“ wurde bisher noch nicht von einem deutschsprachigen Label veröffentlicht, allerdings wurde der Film in England als DVD ungekürzt veröffentlicht & ist dort zu bekommen. Leider ohne die launige deutsche Synchro.Kleines Fazit: wer einen echten Partyfilm sucht & mal eine echte Ausnahme aus der Kategorie „gewollter Trash“ sehen möchte, dem kann ich „Hardrock Zombies“ nur ans Herz legen.

 

Khalils Trashnachmittag - Proviant
Nach einer kurzen Pause, in der dem Publikum die Möglichkeit geboten wurde, den Alkoholpegel aufzufüllen und das Gesehene zu verarbeiten, ging es mit dem nächsten Film weiter, der gegensätzlicher kaum hätte sein können, denn „The Riffs 2 – Flucht aus der Bronx“ nimmt sich zu jeder Sekunde ernst.
„The Riffs 2“ ist ein Produkt des 80er Jahre Kinos aus Italien, welches sich zu diesem Zeitpunkt sehr auf dem Niedergang befand. Vorbei war die Zeit der wirklich großen Produktionen, dafür war die Zeit geprägt von Rip Offs und Plagiaten aus dem Genrekino, allen voran der Söldnerfilm, SF, Horror und natürlich dem Endzeit Film, dem man einige Trashperlen zu verdanken hat.
 

Auch hier ein paar Worte zur Handlung:
Die Bronx im Jahre 1990 – inzwischen ein Kriegsgebiet aus Schutt und Asche, in dem Banden diverser Art um die Vorherrschaft kämpfen. Ein Ort, an dem Niemand leben möchte, weswegen ein großherziger Konzern den Menschen eine Umsiedlung anbietet. Dass der Konzern allerdings da nicht unbedingt die besten Absichten hat, wird einem bereits nach wenigen Filmminuten bewusst, wenn in silberne Schutzanzüge gekleidete Polizisten hoch zu Ross mit Flammenwerfern bewaffnet, die Bronx nach Menschen durchkämmen, die das großzügige Angebot nicht annehmen möchten. Unter den Opfern dieser Räumungsaktion befinden sich auch die Eltern unseres Helden „Trash“(sic!), die wohl ein sehr inniges Verhältnis zu ihrem Sohn hatten – denn wie sonst lässt sich der lebensgrosse Starschnitt in den elterlichen Wohnräumen erklären? Und aus diesem Grund sagt Trash dem Konzern zusammen mit einer engagierten Journalistin sowie Resten der Gangs dem Konzern den Kampf an, die ihrerseits einen eiskalten Killer engagiert haben, um auf der einen Seite Trash zu stoppen und die Bronx noch ein bisschen schneller zu räumen…

 

 Khalils Trashnachmittag - Riffs 2
„The Riffs II“ ist die direkte Fortsetzung des Films „The Riffs – Die Gewalt sind wir“ von Enzo Castellari (dem vielleicht der ein oder andere Filmfreund Dank Quentin Tarantino bekannt sein dürfte), einem Vorendzeitfilm, der sich recht schamlos an Filmen wie „Die Klapperschlange“ und „The Warriors“ bedient hat und tatsächlich ein kleiner Erfolg in Europa wurde. Da liegt es natürlich dann auch nahe, sehr schnell eine Fortsetzung nachzuschießen, die nach dem Motto „Höher! Schneller! Und weiter!“ funktionieren sollte – mehr von allem eben, mit dem gleichen Team und dem unvergesslichen Marc Gregory aka Marco Di Gregorio in der Hauptrolle, der immerhin in der Fortsetzung den Versuch unternommen hat, tatsächlich etwas zu schauspielern, was allerdings gründlich in die Hose gegangen ist. Und apropos Hose – es freut, dass er im Gegensatz zum ersten Teil eine Jeans tragen durfte, in der man nicht wie ein Gockel herumstolzieren muss. 😉
 

Und im Gegensatz zum ersten Teil durften sich auch die Pyrotechniker und Co. Mal so richtig austoben, denn hier wird wirklich im Sekundentakt geschossen, verbrannt und irgendwo explodiert irgendwas immer.

 

Dadurch wirkt RIFFS 2 deutlich düsterer und brutaler als der Vorgänger, ich kenne wenig Streifen, in denen in knapp 80 Minuten so viele Menschen sterben, was in aber nicht besser als den Vorgänger macht. Denn die vielen Shootouts sorgen recht schnell für Ermüdungserscheinungen, auch die immer gleichen Settings tragen dazu ihren Teil bei, die Handlung spielt zudem sehr schnell eine Nebenrolle. Dafür gibt es auf der Habenseite wieder die coolen Kostümierungen der Gangs (mein Favorit sind die Steptänzer), abgewrackte Settings, die sich wohlwollend von dem üblichen Industrie/Wüsten Setting des italienischen Endzeitkinos abhebt und natürlich die schicke voluminöse Lockenhaarpracht des Hauptdarstellers, dessen schauspielerische Fähigkeiten einem wirklich die Tränen vor Lachen in die Augen treiben. Auch so manche Aktion bleibt da einem in Gedächtnis, die einzelne Träne, die Trash vergiest, als er seine toten Eltern findet und einen Protagonisten, der mal eben mit einem sechschüssigen Revolver einen Heli vom Himmel ballert, bzw. ihn dort zur Explosion bringt, den muss man auch erst einmal finden.Den Film gibt es sogar als recht ordentlichen DVD Release in Deutschland, bzw. in Österreich und kann über einschlägige Händler bestellt werden.

 

Khalils Trashnachmittag - Riffs 2 - Bild 2

Kleines Fazit: Sicher keine Partygranate wie „Hardrock Zombies“ und leider nicht so gut wie der Vorgänger, bzw. der Nachfolger (der allerdings bis auf den Titel so gar nichts mit der Reihe am Hut hat), aber immer noch ein spassiger Männerfilm & man ahnt, wieso ein Tarantino einen Enzo Castellari sehr schätzt.Leider war das Doublefeature damit schon am Ende angekommen, aber es wird garantiert eine Wiederholung geben, die ersten Titelsichtungen laufen schon und ich garantiere schon jetzt – es wird wieder ein Fest für Freunde des abseitigen Films, gerne auch umgangssprachlich „Trashfilm“ genannt.

 

P.S. Wer sich mit der Materie mal tiefer beschäftigen möchte oder anregungen braucht, dem kann ich die beiden Bücher vom Filmjournalisten Christian Kessler ans Herz legen, „Wurmparade auf dem Zombiehof“ sowie „Der Schmelzmann in der Leichenmühle“, in denen der Herr jeweils 40 Trashperlen sehr launig und liebevoll bespricht.

 

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