KRITIK – ROCKY

© 20th Century Fox / MGM
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Autor: Dominik Starck

Seit den frühen 70ern versuchte Sylvester Stallone als Schauspieler in Hollywood Fuß zu fassen, doch steinig war der Weg. Die Auswahl der Rollen, die sich ihm bot, war begrenzt und lief vor allem auf den physischen Antagonisten hinaus. Sein heute vielleicht bekanntestes Frühwerk ist die Roger Corman Produktion „Death Race 2000“ beziehungsweise „Frankensteins Todesrennen“ (1975) mit David Carradine. Doch Stallone war nicht bereit, sich davon geschlagen zu geben. Er begann, sein eigenes Drehbuch zu schreiben. Die Geschichte eines Außenseiters, im Grunde also Teile seiner eigenen Geschichte. Das Ergebnis hieß „Rocky“, gewann u.a. 3 Oscars, machte Stallone zu einem Superstar und begründete einen Franchise mit sechs Filmen und jüngst einem Ableger („Creed“, 2015). Alles nur, weil Stallone bereits Mitte der 70er seine ersten Kämpfe mit der Branche ausfechten musste und aus ihnen als Sieger hervor ging.

 

© 20th Century Fox / MGM
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Zum Inhalt: Rocky Balboa (Sylvester Stallone) lebt auf den Straßen von Philadelphia von der Hand in den Mund, verdient sich Geld als Knochenbrecher für einen Kredithai und steckt regelmäßig beim Boxen mehr Schläge als Geld ein. Einst hatte er die Möglichkeit, es in diesem Sport zu etwas zu bringen, doch den Traum hat er längst begraben.

Gerade als Rocky endlich beginnt, das Herz der schüchternen Adrian (Talia Shire) zu gewinnen, erhält er eine zweite Chance auf eine Sportkarriere. Box-Weltmeister Apollo Creed (Carl Weathers) kommt nach Philadelphia und gibt einem unbekannten Boxer ein Titelmatch. Eher durch Zufall stößt Creed dabei auf Rocky, den „Italian Stallion“. Das Training für einen unmöglichen Kampf Außenseiter gegen Weltmeister beginnt…

 

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Das Genre Boxfilm hatte in den 1970er Jahren schon eine wesentlich längere Karriere als Sylvester Stallone. Anfangs noch eher Begleitelement oder Gegenstand physischen Klamauks folgten schließlich auch Sportdramen, die das Boxen in den Fokus nahmen. 1956 wurde „Die Hölle ist in mir“ von Robert Wise („Star Trek – Der Film“) nicht nur ein Oscar-Gewinner sondern machte auch Paul Newman in der Hauptrolle als Boxer Rocky Graziano zum Superstar.

In der Sackgasse seiner noch jungen Karriere suchte 20 Jahre später Sylvester Stallone nach dem Filmstoff, der ihm helfen konnte. Nach einer Geschichte, die der in einem Vorort von Philadelphia aufgewachsene Außenseiter mit der Geburtsbedingten Gesichtslähmung erzählen und die so universell ist, dass sie jeden packen konnte. Inspiriert durch den Kampf des Außenseiters Chuck Wepner gegen Weltmeister Muhammad Ali, der dabei gleich noch die Blaupause für Apollo Creed werden sollte, schrieb Stallone schließlich die Geschichte, die ihn innerlich bewegte und säumte sie mit so viel persönlichen Elementen, wie ihm nur möglich war. Nach nur wenigen Tagen war das Buch zu „Rocky“ fertig, das keine Biografie für Graziano war, sondern all das verarbeitete, was Stallone sich erträumen konnte und ihn bis dato klein gehalten hatte. Natürlich spielte die Geschichte in Philly, sein Bruder taucht in dem Film auf (auch musikalisch), Rockys Kampfname erinnert nicht nur zufällig an den Namen, welchen er in einen gewissen Erotikfilm trug, den er einige Jahre zuvor aus Geldnot gedreht hatte. War es dort noch „Stud“ (dt. „Deckhengst“) wurde es nun der „Italian Stallion“, der „Italienische Hengst“. Trotzdem wurde die Geschichte, welche er unter den Hollywood-Produzenten herum reichte, keine selbstverliebte Ego-Show, sondern vermittelt eher das Bild einer Selbsttherapie.

 

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Zunächst stieß Stallone überall auf Ablehnung, vor allem, da er darauf bestand, selbst die Hauptrolle zu übernehmen. Zwar gab es Interesse an dem Stoff, nicht aber an dem Unbekannten in der so schwierig genau zu treffenden Hauptrolle. Viel lieber wollte man einen bereits etablierten Star wie James Caan („Der Pate“, „Las Vegas“) als Rocky sehen. Am Ende setzte Stallone sich durch. Vielleicht der wichtigste Sieg seiner Karriere, in der noch genug Tiefschläge folgen sollten.

Doch zuerst kam „Rocky“. Mit überschaubarem Budget und in nur 28 Drehtagen entstand Kinomagie. Aus der Not geborene lange Takes und die noch junge Steady-Cam-Technik fingen Bilder ein, die teilweise gar ikonisch werden sollten. Bill Contis Musik verwandelte zudem den gesamten Film in eine einzige heroische Hymne, der dennoch nie das Herz abhandenkommt.

 

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Der Film wurde ein Überraschungserfolg mit ordentlichen Kritiken und drei Oscar-Auszeichnungen. Für sieben weitere Oscars war er nominiert, darunter u.a. für das beste Drehbuch und Stallone als Darsteller. Auch Contis Score wurde nominiert, Auszeichnungen gab es für den besten Film, die beste Regie und den besten Schnitt. Im Jahr 2006, als Stallone mit „Rocky Balboa“ den sechsten und vermutlich letzten „Rocky“-Film folgen ließ, wurde sein Drehbuch zum Original von der Autorengilde Amerikas auf Platz 78 der besten Drehbücher aller Zeiten gewählt.

Natürlich ist „Rocky“ aus heutiger Sicht deutlich gemächlicher inszeniert. Selbstverständlich weiß man bereits, dass es mit der Figur weiter geht, was dem starken und Hollywood-untypischen Ende ein wenig die Kraft nimmt, die es in den 70ern noch zu entfesseln vermochte. Wer kennt heute noch den wunderbaren und hierfür für den Oscar nominierten Burgess Meredith (1907-1997), der als Pinguin in „Batman“ bekannt wurde? Unverdient zu wenige. Doch als Trainer Mickey wurde auch er unsterblich.

 

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Was also macht nun diesen Boxerfilm zu etwas Besonderem? Die inzwischen legendäre und oft kopierte und zitierte Trainingsmontage? Die ganzen kleinen Momente mit Talia Shire oder auch Burt Young als Adrians Bruder und Rockys Freund Paulie? Es ist sicher nicht das Boxen, hier seien Gegner des Sports gleich beruhigt. Ein legendärer aber dennoch nicht sehr ausgefeilter Showdown im Ring und ein kleines Match am Anfang des Films sind die von Stallone choreografierten Buchdeckel eines Dramas, das nicht mehr und nicht weniger als eine der besten Underdog-Geschichten aller Zeiten ist. Vielleicht die beste. Der Mann ohne Chancen, der die eine nutzt, die das Schicksal ihm bietet. Fleiß, Ehrgeiz, nicht zuletzt Liebe und der eine Funken Talent, der in jedermann schlummert lassen ihn weit über sich hinaus wachsen. Und wenn Rocky, dieser nicht zu gescheite aber gutherzige Kerl aus der armen Gegend Phillys es schaffen kann, dann können wir das doch auch, oder?

 

Rocky - Bewertung

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