„INTERIMERE“ SPECIAL – TEIL 1 – KRITIK

© MMXV Treehauz Media
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Autor: Dominik Starck

Die 1980er Jahre und ihre Genre-Perlen gelten schon lange nicht mehr nur unter ewig gestrigen Videothekentitel-Liebhabern als Blütezeit eines gewissen Schlags Film, der eine nicht zu unterschätzende Anzahl Meisterwerke aller Arten hervor brachte. Nein, neben modernem Bombast-Kino geraten auch immer wieder gegenwärtige Filmemacher in nostalgische Retro-Stimmung. Wird nicht gerade schlecht neu verfilmt bedient man sich der huldvollen Verbeugung. Macht es nun einen Unterschied, ob ein Sylvester Stallone mit der „The Expendables“-Reihe das damalige Action-Kino zitiert oder Rene Zhang europäische (oder davon geprägte) Horror-Perlen zitiert? Die Antwort kann Zhangs neuer Kurzfilm „Interimere“ bieten.

Zum Inhalt: „Pretty“ Jack (Dennis Madaus) ist ein skrupelloser Problemlöser, der stets dazu bereit ist, zu tun, was auch immer nötig ist, um seinen Job zu Ende zu bringen. Als er sich mit dem Fall der unter mysteriösen Umständen verstorbenen Pia (Maya Klein) beschäftigt, sticht Jack allerdings in ein Wespennest wie keines zuvor. Eine so unheimliche wie unerklärliche Tonbandaufzeichnung führt ihn schließlich zu Pias Elternhaus, in dem er sich Antworten erhofft. Was er findet ist jedoch eine entsetzlichere Wahrheit, als er sie sich in seinen schlimmsten Alpträumen hätte ausmalen können…

 

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Alles begann mit einem Darsteller auf der Suche nach einem neuen Referenz-Video und einem Filmemacher, der eine große Liebe zum handgemachten Film besitzt. Daraus entstanden ist mit „Interimere“ nicht nur das anvisierte Reel für Darsteller Matthias Schmidt und dessen Kunstfigur „Moloch“ sondern auch eine Visitenkarte für Filmemacher Rene Zhang, der sich damit für weitere Projekte empfiehlt.

Um es gleich vorweg zu nehmen „Interimere“ ist nicht perfekt. Man glaubt den Filmemachern und allen voran Zhang und seiner Autoren-Partnerin Romina Schade gerne, dass sie sich über die Hintergründe von Protagonist „Pretty“ Jack, der Geschichte der verstorbenen Pia und dem gruseligen Tonband einige Gedanken gemacht haben. Das daraus entstandene Problem ist allerdings, dass dies für einen Kurzfilm über das Ziel hinaus geschossen erscheint, weil das viertelstündige Werk durch das nicht erzählte inhaltlich etwas lückenhaft wirkt. Die zugrunde liegende Geschichte ist durchaus solide, macht in der Ausführung in diesem Format aber einen nicht ganz runden Eindruck.

Wo man also inhaltlich Kritik üben kann, überzeugt die Produktion von Treehauz Media („Faded“) in der Umsetzung. Entstanden mit bescheidenen Mitteln spürt und sieht man die Leidenschaft und Liebe zum Detail in nahezu jeder Einstellung des Films. Zhang kennt seine Vorbilder, verbeugt sich mit technischem Können und künstlerisch sicherem Instinkt. Im Gegensatz zu vielen anderen vergleichbaren Produktionen ist dieses Werk auf visueller Seite durchdacht, überzeugt mit ihrem Lichtdesign und dem Soundtrack von Komponist Julian Kantus, der viel zu der überzeugenden Atmosphäre beiträgt. Im Gegensatz zu gehypten Projekten wie „Kung Fury“, die eine sehr künstliche und damit nie überzeugende Retro-Stimmung bieten, könnte man „Interimere“ in seinen besten Momenten für ein tatsächliches Werk aus den 80er Jahren halten. Obwohl digital entstanden wird ein gelungener und analog wirkender Retro-Look erzeugt, der nur selten gebrochen wird (etwa durch digitales Mündungsfeuer oder neuere Fahrzeuge).

 

© MMXV Treehauz Media
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Darstellerisch bleibt vor allem Dennis Madaus in der Hauptrolle in Erinnerung, der als „Pretty“ Jack mit authentischem Look und einer guten Mischung aus subtilen Nuancen und großen Gesten besticht. Selbst wenn der Zuschauer Jacks Gesinnung nicht immer ganz nachvollziehen kann, so gelingt es Madaus interessant genug zu sein, dass man ihm bereitwillig folgt.

Als blutgieriger Gegenpol bietet Matthias Schmidt in seiner selbst geschaffenen Paraderolle als „Moloch“ eine physisch bedrohliche Präsenz, die es Darsteller-Nachwuchs Ina Krenzel als Opfer Julia ermöglicht, deutlichen Terror zu transportieren. Maya Klein bleibt, ihrer Rolle als Pia geschuldet, etwas im Dunkeln, ist aber dank ihrer aufgezeichneten Stimme im Grunde beinahe Bestandteil des Soundtracks. Bliebe noch die etwas undankbare, da anstrengende Rolle des Bob, die Rene Zhang schließlich selbst übernahm. Mancher Zuschauer mag sich wünschen, dabei an Jacks Stelle gegen Bob gehandelt zu haben, aber auch hier gilt, dass die Rolle ihren filmischen Vorbildern huldigt. In jedem Fall bleibt die Szene definitiv in Erinnerung, da sie ein interessanter tonaler -da deutlich humorvollerer- Gegenpol zum ansonsten sehr ernsten Film ist.

 

Interimere - Bewertung

Seit dem 01. Oktober 2015 auf VOD (www.vimeo.com) erhältlich!

Cover & Bilder © MMXV Treehauz Media.