KRITIK: JOHN WOO’S NOTWEHR (AKA MANHUNT)

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© Media Asia Group

Autor: Tom Burgas

Ich bin ehrlich, John Woo MUSS man kennen, wenn man sich auch nur im Ansatz für Action interessiert. Ich bin aber nicht mit seinen Klassikern groß geworden, wie BULLET IN THE HEAD oder HARD BOILED, ganz zu schweigen von THE KILLER.  Ich lernte ihn kennen mit dem mittlerweile peinlichen MISSION: IMPISSIBLE 2, oder der Hollywoodgurke PAYCHECK. Der letzte gute Film war für mich FACE/OFF. Erst später bekam ich mit zu welch majestätischen Gewaltorgien er fähig war. Besonders A BETTER TOMORROW sollte ein Freudentränchen in die Gesichter aller Zweifler treiben. Ich mutmaße völlig zweifelsfrei, dass es ohne ihn das Actionkino wie es heute existiert nicht geben dürfte. Der kaputte Held der selbst kaum noch über die Runden kommt? Das Schießen mit beidhändigen Waffen? In Zeitlupe vor Feuer laufen und dabei mächtig cool aussehen? Das ist alles pures Woo. Seine Hollywoodära bekam ihm allerdings weniger gut und er zog wieder asiatische Projekte vor mit denen er aber längst nicht an alten Kult anknüpfen konnte.

Mit seinem neuesten Werk scheint ihm auch keine Rückkehr zu alten Tagen möglich zu sein. Schon die erste Fassung wurde auf dem Venice Film Festival völlig zerrissen und galt als unguckbar. MANHUNT musste komplett umgeschnitten werden und wurde außerhalb Japans nur auf Netflix veröffentlicht.

Zugrunde liegt ihm ein Roman, der hiermit zum zweiten Mal verfilmt wird. Die Geschichte ist nicht neu. Ein recht anerkannter Anwalt wacht morgens neben einer toten Frau auf und flüchtet – während er seine Unschuld zu beweisen versucht. Selbstredend haben wir auch einen harten Cop dabei der seine Gründe hat das persönlicher zu nehmen als gedacht. Wer also RED CORNER mit Richard Gere noch kennt oder natürlich AUF DER FLUCHT mit Harrison Ford bekommt was er erwartet. Die Frage ist natürlich was Woo jetzt daraus macht. Joa, nichts macht er daraus!

 

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© Media Asia Group

Aber mal zum Anfang, der drehbuchtechnisch schon sehr desaströs daherkommt. Da sieht man zwar eine Schießerei, in der einiges zu Bruch geht, allerdings wirkt diese völlig egal. Sie hat wenig bis gar nichts mit irgendwas zu tun, der Einsatz von CGI nervt und man fragt sich was das Ganze so richtig soll. Natürlich ist es kein Problem sich auf einen etwas ruhigen Woo einzulassen aber innerhalb der ersten Stunde schafft er es auch kein bisschen Spannung aufzubauen. Die ganze Flucht wirkt wie bei einem langweiligen TV-Film, da können auch 1-2 nette Kameraspielereien nicht aushelfen. Wenn dann auch noch der Cop, der die Jagt aufnimmt auf peinlichste überzeichnet eingeführt wird ist schnell klar, dass wir es hier wohl mit einem Rohrkrepierer allererster Güte zu tun haben.

Wenn man diese Stunde überstanden hat wird zwar etwas Abbitte geleistet, retten kann das aber nicht mehr viel. Wir haben eine Jet Ski-Jagd, die sehr an den Showdown vom genannten FACE/OFF erinnert oder eine Schießerei in einem Farmhaus die die Hart Target-zeiten in Erinnerung ruft. In beiden Fällen jedoch niemals an diese Arbeiten heranreicht. Schlimmer noch erinnern sie fast schon an eine Karikatur, als wäre ein Regisseur am Werk der ein Best of John Woo unterbringen will, ihm jedoch die Fähigkeiten dafür fehlen. Mit welchem wehmütigen Auge ich das anschauen musste dürfte jedem klar sein.

 

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© Media Asia Group

Das sind natürlich nicht die einzigen Versatzstücke. Natürlich gründen der ausdruckslose Hauptdarsteller Nummer 1 und der overactene Hauptdarsteller Nummer 2 ein Team welches später voller komplizierter Brüderlichkeit kompliziert funktionieren soll. Interessiert nur keine Sau.

Richtig komisch wird es, wenn man zum Ende hin die Bombe platzen lässt und man raus findet warum das ganze Schauspiel abgehalten wird. Denn für 20 Minuten befinden wir uns in einem völlig überdrehten anderen Film. Ich fühlte mich an Zeiten ala BLACK MASK 2 erinnert falls den noch wer kennt. Nicht ganz so Banane aber im Vergleich zu den vorigen 90 Minuten schon Over the Top. Irgendwie ziemlich Stulle aber immerhin unterhaltsamer als das langweilige Flickwerk davor. Hat man für 2-3 Sekunden in manchen Szenen die alte stärke Woo’s vermuten können wird hier einiges wieder wett gemacht ohne jedoch einen Standard zu setzen, mehr als völlig ok ist DAS auch nicht und zudem wieder mit CGI-Pampe versehen.

Man muss sich also eingestehen, dass wie so oft ein Meister in eine bestimmte Epoche gehört. Die von John Woo war die der dreckigen Nebelmaschinen, der Trenchcoats und der Blutpäckchen. Man sollte nichts probieren was man nicht kann, bei Woo heißt das…mit der Zeit gehen.

 

Notwehr - Bewertung

Filmplakat und Bilder © Media Asia Group / Netflix.

 


 

Wer weiteren Input und Meinungen zur Wooschen Menschenjagd wünscht, darf gerne in unseren 8. Round Up Podcast reinhören, denn hier diskutieren Florian, Tom und Christoph ausgiebig über den Actioner.

 

 

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