KRITIK – ROCKY IV – DER KAMPF DES JAHRHUNDERTS

© 20th Century Fox / MGM
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Autor: Kevin Zindler

Zum Inhalt: Rocky Balboa (Sylvester Stallone) ist wieder da. Nach seinem sensationellen Sieg gegen Clubber Lang (Mr. T) ist das Leben des Champions wieder in Ordnung. Doch da möchte bereits der nächste Herausforderer eine Chance, um gegen Rocky zu boxen. Es ist der sowjetische Boxer Ivan Drago (Dolph Lundgren), der Rocky’s bisherige Gegner in den Schatten stellt. Dies bekommt in einem mörderischen Schaukampf auch Rocky’s Ex-Gegner und heutiger Freund Apollo Creed (Carl Weathers) nur allzu deutlich zu spüren. Nun ist es unausweichlich – Der „Italian Stallion“ muss gegen den russischen Hünen antreten. In Moskau kommt es schließlich zum Duell der Giganten – einem Kampf der Superlative, in dem beide Boxer wirklich alles geben – aber es kann nur einer gewinnen!

 

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Bevor ich mit dieser Besprechung beginne, sollen ein paar persönliche Worte Aufschluss darüber geben, warum die Bewertung am Ende dieses Reviews den Eindruck erweckt, dass ein „Fanboy“ am Werk gewesen sein könnte. Um es vorweg zu nehmen: Ja, es ist definitiv ein „Fanboy“ am Werk! Man möge mir diese „Befangenheit“ ausnahmsweise verzeihen.

Kaum ein Film hat mich mehr beeindruckt, meinen filmischen Werdegang mehr geprägt als ROCKY IV. Ehrlich, ROCKY IV ist alles andere als ein Meisterwerk (aus künstlerischer Sichtweise), aber als Kind hat mich die physische wie charismatische Präsenz eines Sylvester Stallone und die seines Widersachers Dolph Lundgren in den Bann gezogen. Ich musste jeden Streifen ausleihen (oder besser gesagt, ich beauftragte meine Mutter, für mich in die Videothek zu gehen) in den einer meiner beiden Helden zu sehen war. Sie hinterließen bei mir bleibenden Eindruck, wurden Vorbilder und Lieblingsdarsteller zugleich.

 

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Für Sylvester Stallone war das Rocky-Franchise (und das von Rambo natürlich auch) immer wieder eine gute Möglichkeit, nach diversen Enttäuschungen in die Erfolgsspur zurückzukehren. Er opferte dabei künstlerische Ansprüche und fuhr dafür die sichere Box-Office Schiene und servierte den Fans das, was sie sehen wollten (und seinem Konto tat es auch gut). Für Dolph Lundgren, der sich gegen 5000 weitere Mitbewerber für die Rolle des Ivan Drago durchsetzen konnte, war es der Startschuss für eine Karriere als Actionstar, welche er nach wie vor erfolgreich fortführt (wenn auch überwiegend im Direct to DVD-Segment).

 

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In ROCKY IV macht Sly – der auch Regie führte – da weiter, wo er mit Rocky III – DAS AUGE DES TIGERS aufgehört hat. Und man kann so einiges kritisieren, wenn man es denn möchte: Er spielt Rocky Balboa als eine Art Comic-Figur, welche nicht mehr viel mit dem tragischen, etwas naiven, herzlichen Charakter – den er noch in den ersten beiden Filmen so eindrucksvoll verkörperte – gemein hat. Zu diesem Zeitpunkt der Reihe ein sowohl nachvollziehbarer als auch notwendiger Schritt. Philosophierte der Rocky in den Siebzigern in liebevoll einfacher Art über die Welt, mutiert er hier zum coolen Kämpfer für die Gerechtigkeit. Die in der Vergangenheit verankerte Lebens/Liebes – Geschichte weicht dem kalkulierbaren Mainstream. Die Beziehung zu Adrian (Talia Shire) rückt in den Hintergrund, denn dafür ist einfach kein Platz mehr. Stallone inszenierte eine One-Man-Show, bei der ehemals liebgewonnene Charaktere aus dem Rocky-Universum – wie beispielsweise Paulie (Burt Young), der nur für den einen oder anderen gelungenen Spruch taugt – nur noch als Stichwortgeber agieren. ROCKY IV ist RAMBO 2 als Boxerfilm. Eine Rachestory, der es an reaktionären Aussagen nicht mangelt. Stallone traf den Nerv des Publikums (300 Millionen Dollar weltweites Einspiel), welches zu jener Zeit (der kalte Krieg) politisch von der Reagan-Ära beeinflusst war (die bösen Sowjets, die guten Amis) – allerdings verweigerten einige Länder (wie z.B. Südkorea) die Ausstrahlung von ROCKY IV und Stallone schlug eine gehörige Protestwelle entgegen. Dennoch: Hier bewahrheitete sich die Regel, das schlechte Presse auch gute Presse sein kann, so dass es dem verantwortlichen Studio (MGM) eher entgegen kam, als schadete.

 

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„Der sibirische Totengräber“ Ivan Drago, killt Rocky´s Kumpel Apollo (Carl Weathers, der nach ROCKY IV bis auf PREDATOR kaum noch Erfolge feiern konnte und mit ACTION JACKSON Schiffbruch erlitt, welcher ihm eigentlich den Weg als afroamerikanischer Actionstar ebnen sollte) auf amerikanischen Boden. Das darf man als Weltmacht natürlich nicht auf sich beruhen lassen, woraufhin Rocky den scheinbar unbesiegbaren Hünen in dessen Heimat nach einem harten, heroischen Kampf auf die Bretter schickt und die Herzen des Publikums – inklusive das des russischen Präsidenten – für sich gewinnt. Überwältigt von seinem Sieg, hält er vor der jubelnden Menge (in einer US-Flagge gehüllt) sogar eine epische Rede, in der er an das weltweite Miteinander appelliert „Wenn ich mich ändern kann, könnt ihr euch auch ändern. Dann muss sich die ganze Welt ändern können!“ „USA“, „USA“, möchte man da doch rufen. Zudem bekommt Sly´s damalige Lebensgefährtin Brigitte Nielsen (Ja, die aus dem Dschungelcamp) als Dragos Frau Ludmilla auch noch ein paar Sätze in den Mund gelegt, die das Anti-Russen-Klischee weiter ausbauen. Das sind, wie bereits erwähnt, alles Elemente, die man gerne kritisieren kann und darf, wenn man es denn möchte.

 

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Allerdings sind das Elemente (insbesondere der reaktionäre Stil), die in fast jeden zweiten US-Streifen der achtziger Jahre zu finden sind und irgendwie auch den Zeitgeist widerspiegeln. Waren ROCKY und ROCKY II Boxdramen, welche kritisch gesehen (im Vergleich) die absolut besseren Filme sind, verschreiben sich ROCKY III und ROCKY IV der MTV-Generation. Und das macht – bei aller gerechtfertigter Kritik – einfach verdammt viel Spaß und unterhält ungemein. ROCKY IV ist ein Unterhaltungs-Produkt par excellence. Von der offensichtlich nicht vorhandenen Story abgesehen, bekommt der Zuschauer eine 90 minütige Achterbahnfahrt präsentiert. Allein die Trainings-Sequenzen sind großartig, in denen die beiden Kontrahenten immer abwechselnd beim „sich verausgaben“ gezeigt werden. Das Ganze läuft wie in einem Videoclip ab. Während Rocky auf konventionelle Trainings-Methoden setzt (Holz hacken, Steine schleppen, laufen im tiefsten Schnee), stählt sich Drago in einem technisch hochwertig ausgerüsteten Studio (und bekommt noch andere aufbauende Mittelchen verabreicht). Unterlegt werden diese Szenen von einem fantastischen Score, in dem immer wieder die Worte von Tony Burton alias Duke „Keine Schmerzen, du kennst keine Schmerzen“ und das quälende Stöhnen der beiden sich bis zur Erschöpfung schindenden Gladiatoren ertönen. Überhaupt ist der Soundtrack mit Beiträgen von „Survivor“, „Robert Tepper“ oder „John Cafferty & The Beaver Brown Band“ einfach grandios und bietet Gänsehaut-Feeling pur.

 

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Highlight ist der Endkampf David gegen Goliath! Definitiv einer der besten Film-Fights aller Zeiten. Stallone und Lundgren schenken sich nichts, kämpfen Runde für Runde am Limit.

„Die beiden Figuren sollten sich so sehr hassen, dass sie in der ersten Runde wie zwei Pitbulls aufeinander losgehen. Die ersten zwanzig Sekunden des Kampfes sind real.“ (Sylvester Stallone)

Der Intensität des Kampfes geschuldet (allein die Aufnahmen für den Kampf nahmen rund 2 Wochen Drehzeit in Anspruch), musste Sly während des Drehs sogar ins Krankenhaus, weil ihn Lundgren so hart getroffen hatte, dass sein Herz gegen das Brustbein schlug und anschwoll.

Egal wie oft man die Auseinandersetzung der beiden Kampfhähne bereits gesehen hat, überzeugt das Duell durch die Power der beiden Protagonisten und die hervorragend choreographierten Fight-Szenen immer wieder aufs Neue.

 

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Lundgren und Stallone verstanden sich bei den Dreharbeiten so gut, dass Sly seinen schwedischen Freund 25 Jahre später für THE EXPENDABLES ins Boot holte.

„Stallone ist einmalig, keiner kann sich mit ihm messen. Keiner hat mehr große Actionfilme gemacht wie er. Und wenn er mir einen Rat gibt, nehme ich ihn gerne an.“ (Dolph Lundgren)

In der Retrospektive ordnet Stallone selbst ROCKY IV als zweitschwächsten Film der Reihe ein.

„Wenn ich nochmal die Chance hätte den Film zu machen, würde ich Ivan Drago heiraten und Brigitte Nielsen verprügeln.“ (Sylvester Stallone)

 

Rocky 4 - Bewertung

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