KRITIK – NARCOS – STAFFEL 1

© Netflix & Polyband/WVG
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Autor: Florian Wurfbaum

Der Aufstieg des amerikanischen Streaming-Giganten Netflix begann mit der Aufnahme von eigens produzierten Serien, den sogenannten „Netflix Originals“. Zu den bisher erfolgreichsten Formaten zählen „House of Cards“ und „Orange is the New Black“, die sowohl unzählige Kritikerpreise, als auch Zuschauerrekorde feiern konnten. Diese Erfolge bestärkten den Streaming-Riesen immer mutigere Serienformate zu produzieren und so gab Netflix 2015 grünes Licht für das Crime-Drama „Narcos“. Zur Verwunderung vieler Branchenkenner wurde die Serie, in der der Aufstieg und Fall des berühmt-berüchtigten kolumbianischen Drogenkönigs Pablo Escobar im Mittelpunkt steht, aus Gründen der Authentizität hauptsächlich in spanischer Sprache gedreht. Scheinbar steht bei Netflix doch noch das künstlerische Endergebnis über dem finanziellen Gedanken und dafür kann man als anspruchsvoller Serienfan dem – zu Beginn noch von vielen belächelten – Streaming-Anbieter nicht genug danken.

Zum Inhalt: Im Mittelpunkt steht der berühmt-berüchtigte und bei großen Teilen der armen einheimischen Bevölkerung als Heiliger verehrte Drogenbaron Pablo Escobar (Wagner Moura). Der Kolumbianer beherrschte in den Siebziger- und Achtzigerjahren als Teil der „Narcos“ nicht nur den Drogenhandel und galt als einer der reichsten Menschen auf dem Planeten, sondern hatte durch sein Wirken zudem auch großen Einfluss auf die Politik seines Landes und die Außenpolitik der vereinigten Staaten von Amerika. Folglich ernannte ihn in den Achtzigern Jahren der damals amtierende US-Präsident Roland Reagan zum Staatsfeind Nummer 1. Dies führte dazu, dass die amerikanische Drogenbehörde, gemeinsam mit der von Korruption geplagten kolumbianischen Polizei, den Plan fasst, Esocar endlich zu Fall zu bringen…

 

© NETFLIX & POLYBAND/WVG
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Neben der Besonderheit, dass in der Serie überwiegend spanisch gesprochen wird und dies erfreulicherweise auch nicht in der deutschen Fassung synchronisiert wurde, erweisen sich die hier eingebundenen dokumentarischen Originalaufnahmen aus der damaligen Zeit als weiteres ungewöhnliches, selten verwendetes Stilmittel, dass in  Verbindung mit den spanisch sprechenden Akteuren eine unglaubliche Authentizität erzeugt, die dem Zuschauer schlichtweg alles glauben lässt, was er zu sehen bekommt. Immer wieder verschwinden dadurch bei „Narcos“ die Grenzen zwischen fiktiver Serie und realistischer Dokumentation. Zumal die Serienschöpfer um Chris BrancatoCarlo Bernard und Doug Miro das Geschehen zusätzlich durch die Aufnahmen an Originalschauplätzen wie der kolumbianischen Hauptstadt Bogotá verdichten. Auch wird eine überaus packende und auf wahren Begebenheiten beruhende Geschichte erzählt, die den Zuschauer über die komplette zehn Folgen umfassende erste Staffel nicht mehr los lässt. Zwar benötigt das gewalttätige Gangster-Epos zu Beginn ein wenig um Fahrt aufzunehmen, aber mit zunehmender Laufzeit wird die Spannungsschraube sukzessive angezogen. Somit kann „Narcos“ letztendlich ohne Übertreibung als atmosphärisches, sowie als erzählerisches Meisterwerk bezeichnet werden, dass jegliche Award-Nominierung hochverdient erhalten hat. Wobei die Serie für mein dafürhalten insgesamt leider zu wenige Preise einheimsen konnte und deutlich mehr Auszeichnungen verdient gehabt hätte.

 

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Insbesondere Hauptdarsteller Wagner Moura als egozentrischer und skrupelloser Drogenbaron wäre mehr als auszeichnungswürdig gewesen. Die Performance des brasilianischen Schauspielers, der extra für seine Rolle als Pablo Escobar spanisch gelernt hat, ist schlichtweg als brillant zu bezeichnen und zählt zu den besten Schauspielerleistungen der letzten Jahre. Wie es Moura gelingt die zwei grundverschiedenen Gesichter Escobars zu skizzieren ist atemberaubend. So verkörpert er sowohl den sympathischen, großzügigen Familienmenschen, als auch den  machthungrigen, unberechenbaren und skrupellos mordenden Gangsterboss.  Dadurch gibt er der Hauptfigur eine unglaublich tief gehende Vielschichtigkeit, so dass die  Sympathien gegenüber Pablo Escobar beim Zuschauer immer wieder zwischen angewidert und faszinierend hin und her schwanken. Auch die Leistungen der anderen Darsteller sind erstklassig und überaus glaubhaft. Sei es der bislang eher unbekannte Boyd Holbrook als CIA Ermittler, aus dessen Sicht die Geschehnisse erzählt werden oder auch der Genre-Veteran Luis Guzman als psychopathisch veranlagtes, führendes Mitglied des Narcos-Kartells. Nichtsdestotrotz, sobald Wagner Moura in Erscheinung tritt, beherrscht dieser jede Szene. Seine Leistung gleicht einer schauspielerischen Naturgewalt, die alles und jeden in seinem Umkreis hinwegfegt.

 

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