KRITIK & KURZ-INTERVIEW: RAMPAGE: PRESIDENT DOWN

© Splendid Film/WVG
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Autor: Kevin Zindler

Einer der wohl polarisierendsten Filmemacher der Welt kehrt dem Filmgeschäft endgültig den Rücken: Dr. Uwe Boll! Der ausschlaggebende Grund:

„Der Markt ist tot. Man verdient kein Geld mehr mit Filmen, da die DVD und Blu-Ray Verkäufe allein in den letzten drei Jahren um 80% gesunken sind. Außerdem war ich auf Videospielverfilmungen angewiesen, damit ich genug Geld für meine eigentlichen Filmprojekte zusammen bekomme. Ich habe mit meinem Privatvermögen nur die Filme, die ich drehen wollte, realisieren können. Das ist der Grund für meinen Ausstieg. Ich kann es mir einfach nicht mehr leisten, Filme zu drehen. Es ist eine Schande, da ich gerne mehr inszeniert hätte. Aber sie sind leider nicht mehr profitabel.“ (Uwe Boll)

Was vielen seiner Fans wohl am meisten fehlen wird (und weswegen Kritiker ihn verachten) ist zum einen die nahezu provokante Art, wie er unser System (insbesondere das der Amerikaner) anprangert (Interviews, Podcasts etc.), welchem er mit seinen letzten Werken, die er trotz geringer Erfolgsaussichten aus eigener Tasche finanzierte, auch auf filmischer Ebene den Spiegel vorhielt. Zum anderen die unterhaltsamen, unverwechselbaren, witzigen, teilweise bösen, zynischen und informativen Audiokommentare zu seinen Filmen (Telefon-Gespräche und Hunde-Gebell inklusive), die auf fast jeder DVD/Blu-Ray enthalten sind.

 

© Splendid Film/WVG
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Das in Mainz geborene „Enfant terrible“ hinterlässt der Filmwelt rund 30 Filme – für die er allein als Regisseur verantwortlich zeichnete – die durch Finanziers und/oder Eigenkapital realisiert worden sind, ohne Fördergelder wohlgemerkt. Dass nicht immer gute Filme dabei herauskamen und besonders die teuren Videospiel-Adaptionen (die überwiegend lukrativ waren) inhaltlich enttäuschten, ist ebenso ein Fakt wie jener, dass Hater, Basher, Gamer und Kritiker (Kollegen) ihm wegen HOUSE OF THE DEAD (2003) und ALONE IN THE DARK (2005) das Leben zur Hölle machten und sich sogar zu Morddrohungen hinreißen ließen. Bei allem (teilweise nachvollziehbaren) Unmut der Gamer-Gemeinschaft ist diese massive Form der Kritik unseriös, unprofessionell, abstoßend und krank. Persönlich ist anzumerken, dass sich beispielsweise BLOODRAYNE (2005),  ALONE IN THE DARK und DUNGEON SIEGE (2007) auf einem handwerklich hohen Niveau befanden und zumindest gute Unterhaltung boten. Ihm aufgrund dieser Verfilmungen den Stempel „Schlechtester Regisseur aller Zeiten“ auf Ewig aufzudrücken (was dazu führte, dass selbst die richtig guten Werke wie POSTAL, 2007, RAMPAGE, 2009, DARFUR, 2009 oder ASSAULT ON WALL STREET, 2013 vorab als schlecht deklariert wurden und nur selten die verdiente Anerkennung bekamen) ist völliger Nonsens. Sicher, man muss nicht alle Filme und Aussagen Bolls unterschreiben, darf diese auch als völlig daneben bezeichnen (wir leben in einer Demokratie), jedoch sollte man ihm zumindest dafür Respekt zollen, dass er die Eier hatte, unbequeme Themen anzusprechen ( kein großes Studio ist dazu anscheinend in der Lage/nicht gewillt) und in „Personalunion“  dem Haifischbecken Hollywood trotzte. Er teilte aus, musste aber auch viel einstecken. Ein Mann, der seine Meinung immer vertreten hat und sich treu geblieben ist. Ein Filmemacher, der bewiesen hat, dass er sehr wohl gute Filme produzieren kann, deren Inhalte zum Nachdenken anregen. Bleibt festzuhalten, dass Menschen mit Ecken und Kanten, die auch mal den Mund aufmachen wenn es nötig ist, nicht nur im Filmbusiness aussterben. Schade! Es wird zukünftig deutlich weniger kontrovers zugehen.

 

Wer mehr über Uwe Boll erfahren möchte, darf sich gerne unseren Podcast über und mit ihm anhören. Darin gehen wir ausgiebig auf Bolls Karriere ein und führen anschließend mit ihm ein Interview (das Interview fand´ kurz vor den Dreharbeiten zu RAMPAGE: PRESIDENT DOWN statt).

Hier der Link:

http://entertainment-blog.net/podcast-gewinnspiel-uwe-boll-einschliesslich-exklusiv-interview-mit-dr-boll-himself

Wer nur das Interview hören möchte, klickt einfach auf diesen Link:

https://www.youtube.com/watch?v=4Xo4kVGCCSA

Uwe Boll auf IMDb:

http://www.imdb.com/name/nm0093051/?ref_=rvi_nm

 


 

© Timo Weingärtner
© Timo Weingärtner

Bei den Dreharbeiten von RAMPAGE: PRESIDENT DOWN war auch Filmfan Timo Weingärtner (der sogar einen kleinen Auftritt im Film absolviert) zugegen. Wir ließen es uns nicht nehmen, ihm einige Fragen zu seinen Erlebnissen am Set zu stellen:

 

Wie bist du auf das Projekt gestoßen?

Ich wurde durch das: „Fuck You all“ Video der Kickstarter Kampagne auf das Projekt aufmerksam.

Die legendäre „Fuck You all“ Wutrede:

https://www.youtube.com/watch?v=VT1J65KHX8E

 

Was waren deine Erlebnisse während der Dreharbeiten?

Wenn ich die Erlebnisse ausführlich beschreiben müsste, würde es vermutlich den Rahmen des Interviews sprengen. Es war einfach fantastisch mehrere komplette Tage an einem Film-Set verbringen zu dürfen und letzten Endes sogar mitzuwirken. Wenn ich nicht vor der Kamera war, durfte ich alles weitere mit Uwe im „Directors Bereich“ verfolgen. Ich habe viele neue, tolle Menschen kennengelernt. Für diese Erfahrungen bin ich sehr dankbar. Auch die kanadische Natur war wundervoll.

 

Als welchen Menschen hast du Uwe Boll kennengelernt?

Als einen Menschen der offen, freundlich und sympathisch ist. Am Set beispielsweise hatte man nicht das Gefühl, dass er Leute unterschiedlich behandelt. Egal ob es eine Kamera-Praktikantin war, meine Person oder eben der Hauptdarsteller Brendan Fletcher. Er ist zu allen sehr nett. Natürlich kann der Ton bei Regieanweisungen auch mal rauer werden – wenn eine Szene bsp. nicht gespielt wird, wie gewünscht. Er ist jemand der sich nicht verbiegen lässt, Rückgrat zeigt und seine Meinung vertritt und dafür einsteht.

 

Was denkst du, will Boll uns mit RAMPAGE: PRESIDENT DOWN vermitteln?

Ich denke alle gesellschaftskritischen Filme von Uwe (Rampage Trilogie, Assault on Wall Street, Dafur, Stoic), die nebenbei bemerkt auch seine besten Filme sind, sollen hauptsächlich wachrütteln und zum kritischen Nachdenken anregen. Egal ob es jetzt um Völkermord, Gefängnisgewalt, Banken/Finanzkrise oder eben um einen Amokläufer geht wie in RAMPAGE.

 

War es das wirklich für Uwe?

Uwe hat sich den Schritt sicherlich sehr gut überlegt. Vielleicht kehrt er irgendwann für einen besonderen Film auf den Regiestuhl zurück. Als Producer bleibt er der Branche mit seiner Erfahrung  ja erhalten. Abschließend noch eine klare Empfehlung: Geht ins Bauhaus Restaurant in Vancouver essen. Natalie und Uwes Restaurant.  Hervorragend!

 


 

© Splendid Film/WVG
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INHALT:

Bill Williamson (Brendan Fletcher) ist zäher, als das FBI anfangs gedacht hätte. Er wurde vor einigen Jahren für tot erklärt, als er Geiseln in einem Fernsehsender nahm und das Gebäude anschließend explodierte. Bills Plan, die Ermittler hinters Licht zu führen, ging voll auf und er konnte fernab der Zivilisation untertauchen. Nun will er zu seinem finalen Schlag ausholen, von dem er weiß, dass dieser tatsächlich sein Leben kosten wird. Bills erstes Opfer ist niemand Geringeres als der Präsident der Vereinigten Staaten. Nach dem Ableben des Staatsoberhaupts beginnt die händeringende Suche nach dem Täter. Erschüttert wird festgestellt, dass Bill quicklebendig, voller Hass und für den Mord verantwortlich ist. Das FBI lokalisiert zwar das Versteck des Amokläufers, doch alle wissen, dass er nicht ohne Gegenwehr zu bezwingen ist.

KRITIK:

Trotz gescheiterer Kickstarter Kampagne und widriger Umstände auf dem Filmmarkt hat es sich Uwe Boll nicht nehmen lassen, seine Regie-Karriere mit einem großen Knall ausklingen zu lassen. RAMPAGE: PRESIDENT DOWN ist das Ende der RAMPAGE-TRILOGIE. Brendan Fletcher (The Revenant) mimt erneut eindrucksvoll den Amokläufer Bill Williamson, welcher es dieses Mal auf das ganze amerikanische System abgesehen hat und eine Revolution anzettelt. Boll hatte für die Finalisierung des dritten Teils ein recht limitiertes Budget von unter einer Million Dollar zur Verfügung und drehte den Streifen in nur 6 Tagen. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Handwerklich wie inhaltlich liefert Boll einen seiner besten Filme ab. Die Action, welche überwiegend in dem über 20 minütigen Showdown abgebrannt wird, lässt Genre-Herzen höher schlagen. Bill Williamson liefert einer gewaltigen Überzahl von FBI Agenten und Cops einen Kampf bis zum bitteren Ende. Minen, Raketenwerfer, Maschinengewehre kommen dabei zum tödlichen Einsatz, aber auch taktisch ist er seinen Gegnern weit überlegen. Das Szenario wird von wunderbaren Luftaufnahmen eingefangen, für die eine Drohne zum Einsatz kam. Vielmehr jedoch als die ordentlich inszenierten Actionszenen galt als Herzstück der RAMPAGE-Reihe immer die inhaltliche Brisanz.

 

© Splendid Film/WVG
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RAMPAGE will wachrütteln, übt Gesellschaftskritik und dient als Aufruf, das System, dem wir alle mehr oder weniger widerstandslos dienen,  zu hinterfragen. Williamson geht natürlich nicht zimperlich mit seinen Gegnern um, schreckt vor keinem Mittel zurück, um der Gesellschaft begreiflich zu machen, wie marode dieses System in Wahrheit ist. Der Zuschauer kann natürlich für sich selbst entscheiden, inwieweit er Konform gehen möchte mit dem was Williamson in seinen Videobotschaften verbreitet (welche im Film von den FBI-Agenten ausdiskutiert werden), aber im Kern wird man einige Aussagen sicher zustimmend abnicken. Williamson, dem der Autor Boll noch mehr Charaktertiefe ins Drehbuch geschrieben hat (wegen Spoiler-Gefahr wird in dieser Kritik nicht näher darauf eingegangen), wird als persönliches Sprachrohr Bolls sozusagen zweckentfremdet. Man merkt dem Film deutlich an, dass Boll zum Schluss noch einmal mit allem und jedem abrechen wollte. Das führt dazu, dass viele Inhalte zu erzwungen erscheinen und der Ausgang doch recht „Over the Top“ und vollgepackt daher kommt. Anderseits darf Film alles und wenn man genauer über den Verlauf der Story nachdenkt, ist der Plot doch gar nicht so weit hergeholt. Negativ fällt das teilweise sehr naive Verhalten des FBI auf, doch insgesamt ist RAMPAGE: PRESIDENT DOWN eine verdammt spannender, tiefgründiger und actionreicher Schlag in die Fresse!

INFO:

Die Extras der Blu-Ray lassen für Boll-Fans keine Wünsche offen. Ein kurzes Making of, Bolls Boxkampf gegen 4 seiner Kritiker (den er kommentiert), sowie die 90 minütige Doku RAGING BOLL sind ebenso auf der Scheibe enthalten wie sein Audiokommentar (Deutsch und Englisch) zum Film.

RAMPAGE: PRESIDENT DOWN ist bei uns ungeschnitten und vor allem unzensiert erhältlich. Kenner dieser Reihe wissen, dass dies nicht selbstverständlich ist, denn der erste RAMPAGE Film wurde von unserer netten Zensurbehörde aufs übelste verändert (in der deutschen (zensierten) Fassung endet der Film mit dem Hinweis, dass Bill Williamson geschnappt wurde und ins Gefängnis wandert. In der Original-Version kommt er davon).

 

rampage-3-bewertung

Ab dem 28. Oktober 2016 auf Blu-ray™, DVD und VOD erhältlich!

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