KRITIK – THE FAN (MEDIABOOK)

The Fan - Packshot
© Sony Pictures / Turbine Media

Autor: Kevin Zindler

Vom Kinopublikum 1996 sträflich vernachlässigt, erscheint THE FAN nun endlich hochauflösend für das Heimkino. In der auf 1000 Stück limitierten „FrameCard Edition“ wird die Blu-ray, DVD, FrameCard und ein Booklet enthalten sein. Nach nunmehr über 20 Jahren bekommt der unterschätzte Tony Scott Film mit Robert De Niro und Wesley Snipes somit die verdiente Anerkennung. Das coole Artwork sticht dabei natürlich ins Auge, doch auch inhaltlich kann das Mediabook – wie von „Turbine“ gewohnt – überzeugen. Das Bonusmaterial auf den Discs inklusive Interviews mit den Hauptdarstellern  hat eine Lauflänge von rund 25 Minuten. Sehr informativ ist zudem das eingearbeitete Booklet „Tony Scott – Ein verkannter Visionär“ – geschrieben vom renommierten Filmbuch- Autor Tobias Hohmann – welches die Produktion von der Entstehung bis hin zum Kinostart unter die Lupe nimmt.

 
Wer mehr über Tony Scott erfahren möchte, kann sich gerne unseren Podcast über ihn anhören.

Hier der Link: http://entertainment-blog.net/podcast-regie-stars-tony-scott

 

The Fan - Bild 1
© Sony Pictures / Turbine Media

Zum Inhalt: Der Handelsvertreter Gil Renard (Robert De Niro) hat es weder im Privat- noch im Berufsleben besonders leicht: Nach seiner Scheidung sieht er seinen Sohn nur noch selten und aufgrund seines launischen Auftretens gegenüber Kunden hängt seine berufliche Zukunft am seidenen Faden. Er ist ein besessener Fan der Baseballmannschaft San Francisco Giants. Ein Spieler hat es Gil besonders angetan: Bobby Rayburn (Wesley Snipes), der erst kürzlich für die stolze Summe von 40 Millionen Dollar zu den Giants gewechselt ist. Seine Besessenheit kostet ihn schließlich den Job, als er einen wichtigen Kunden versetzt, um dem Eröffnungsspiel beizuwohnen. Als Rayburn wider Erwarten die schwächste Saison seiner Karriere spielt, versucht Gil seinem Favoriten mit allen Mitteln unter die Arme zu greifen. Dabei geht er allerdings etwas zu weit…

Eigentlich hätten die Gegebenheiten für einen Hit nicht besser sein können. Snipes und De Niro waren in den neunziger Jahren sehr gut im Geschäft, konnten diverse Kinoerfolge verzeichnen und kaum ein anderer Star zu dieser Zeit wäre wohl passender für die jeweilige Rolle in THE FAN gewesen. Zudem war mit Tony Scott ein routinierter, erfolgreicher und passionierter Filmemacher hinter der Kamera tätig. Ein stattliches Budget von 55 Millionen Dollar stand ebenfalls zur Verfügung und die in den Staaten sehr beliebte Sportart Baseball war kein unwesentlicher Bestandteil in der Geschichte des Films. Und dennoch: THE FAN floppte kläglich und spielte in den US-Kinos gerade einmal 19 Millionen Dollar wieder ein. Dabei ist Scotts optisch brillanter Psycho-Thriller viel besser als sein Ruf und bekommt heute mehr Wertschätzung, als es damals der Fall war.

 

The Fan - Bild 2
© Sony Pictures / Turbine Media

Was passiert mit einem Menschen, dem durch sein eigenes Verhalten und durch diverse unvorteilhafte Fügungen – sei es privater oder beruflicher Natur – alles genommen wird und dessen Leben nur noch auf einen bestimmten Teil reduziert. Am Beispiel von Gil Renard (Der Fan) ist es Baseball. Er klammert sich an das Spiel, es bedeutet alles für ihn. Er begeht sogar einen Mord, um seinen Star-Spieler, welcher in der Krise steckt, zu „helfen“. Diese Besessenheit verleiht er auch Ausdruck, als er seinem Sohn Richie sagt: „Baseball ist besser als das Leben, weil es fair ist.“

Die Szene, als er die Gelegenheit hat, mit seinem Idol unter vier Augen zu sprechen (was nicht ganz zufällig passiert) und dieser mit Renards Vorstellungen nicht wirklich d’accord geht, ist dann auch die Schlüsselszene des Films. Und es ist nur diese ungesunde Besessenheit, die Scott in diesem verhältnismäßig unbedeutenden Moment untersucht, der im obsessiven Verstand zu einer Episode von monumentaler Bedeutung wird, die schließlich jeden Schein von Wirklichkeit verzerrt, den der Einzelne hinterlassen hat. Das macht einen großen Teil der Faszination an dieser Produktion aus.

 

© Sony Pictures / Turbine Media
© Sony Pictures / Turbine Media

Als Renard gibt De Niro eine explosive Aufführung, die auf den ersten Blick an seine vergangenen Rollen Travis Bickle (Taxi Driver) und Max Cady (Kap der Angst) erinnert,  aber bei näherer Betrachtung ist Renard ein einzigartiger Charakter. Bickle kann ein Soziopath sein, Cady ein kaltblütiger Mörder, aber Renard ist ein Mann, der einfach nie in der Lage war, sein Leben in den Griff zu bekommen. Robert De Niro ist einfach ein Meister seines Handwerks, mit der Fähigkeit, seine Figuren so real erscheinen zu lassen, dass Arbeiten wie diese oft übersehen werden. Dies ist eine Oscar würdige Arbeit, für die er nie den Beifall erhielt den er eigentlich verdient hätte. Wesley Snipes bekommt nicht ganz so viel Raum sein Können unter Beweis zu stellen, kann jedoch ebenfalls mit seinen Mitteln zu spielen überzeugen.

Der Score von Hans Zimmer ist wie gewohnt solide, jedoch wirkt dieser in Spannungsmomenten recht aufdringlich. Spannungsarmut kann man diesem Film nicht vorwerfen, denn er fesselt bis zur letzten Minute. Ein größerer Kritikpunkt ist jener, dass es Renard immer wieder ohne großen Aufwand gelingt, an Superstar Rayburn heran zu kommen. Darüber kann auch nicht das Finale hinwegtäuschen, welches trotz aller Dramatik diesbezüglich noch einmal eine unrealistische Schippe drauflegt.

 

The Fan - Bewertung

Ab dem 27. Januar 2017 erstmals auf Blu-ray™ erhältlich!

Blu-Ray-Cover & Bilder © Sony Pictures / Turbine Media.