KRITIK – ROCKY BALBOA

© 20th Century Fox / MGM
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Autor: Dominik Starck

„Rocky“ war nicht nur ein Überraschungshit des Jahres 1976, eine von der Branche, Kritikern und Publikum geliebte und mit Preisen überhäufte, herausragende Underdog-Geschichte und ein großer Sportfilm sondern auch der Startpunkt für die denkwürdige Karriere seines Schöpfers Sylvester Stallone. 14 Jahre hielt der Siegeszug von Boxer Rocky, bis die vierte Fortsetzung die Reihe 1990 auf die Bretter schickte. „Rocky V“ verdiente zwar Geld, kam jedoch bei Fans und Kritikern nicht gut an. Weit entfernt vom vorherigen Erfolg hing der Champ seine Handschuhe endgültig an den Nagel. Und doch; etwas nagte da im Bauch von Stallone. Aus der Asche eines Karrieretiefs zu Beginn des neuen Millenniums stand er auf, um 2006 ein letztes Mal stolz zum Ring zu schreiten.

 

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Zum Inhalt: Die glorreichen Zeiten im Boxring sind für Rocky Balboa (Sylvester Stallone) lange vorbei. Sein Sohn Robert (Milo Ventimiglia) hat sich entfremdet, die geliebte Frau Adrian ist verstorben und Rocky betreibt alleine und nur von Schwager Paulie (Burt Young) und der Vergangenheit umgeben ein kleines Restaurant in Philly.

Als ein am Computer simulierter Boxkampf von Rocky in seinen besten Zeiten gegen den amtierenden Champion Mason „The Line“ Dixon (Antonio Tarver) einen Sieg Rockys ermittelt, wittert nicht nur Masons Management das große Geld sondern auch Rocky erkennt, welchem Dämon er ein letztes Mal ins Auge sehen muss. Dem Spott der Menschen und den Bürden des Alters ausgesetzt trainiert er für einen letzten Kampf…

 

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Für seine letzte große Chance auf Erfolg wollte Sylvester Stallone 2006 nichts unversucht lassen. Kleine Filme wie „Shade“ oder auch „Spy Kids 3D“ waren keine vergleichbaren Erfolge mehr, wie er sie in den 80ern und teilweise 90ern noch gefeiert hatte. So setzte sich Stallone ein weiteres Mal an ein neues Kapitel seines fiktiven Lieblings-Freundes und ließ dabei auch den selbstkritischen Blick auf das eigene Leben nicht außen vor, etwas, was die „Rocky“-Reihe schon immer ausgezeichnet hatte. Dabei gelang ihm das Kunststück nicht nur eines der stärksten Stücke seiner ganzen Karriere zu schreiben, sondern er brachte auch sonst alles wieder zurück, was die Filmreihe groß gemacht hatte. Nebenfiguren wie Paulie oder Apollos Trainer Duke kehren wieder zurück und haben ihre Schlüsselmomente. Bill Conti komponierte erneut die eingängige Musik. Die Trainingsmontage, im fünften Film schmerzlich vermisst, bildet wieder ein Highlight des Films, der Boxkampf am Ende dürfte als der beste Kampf seiner Art für lange Zeit für sich stehen bleiben, auch wenn man manche Entscheidungen des immer wieder unterbrechenden Schnitts stilistisch nicht mögen muss.

 

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Durch eine dramaturgische Entscheidung nicht mehr dabei ist Talia Shire als Adrian Balboa und doch ist sie im Film so allgegenwärtig wie die Vergangenheit von Rocky sowohl als Charakter als auch als Filmreihe. Ihr Verlust hat den stolzen Boxer schwer gezeichnet und doch ist er mehr er selbst als jemals zuvor. Nicht alles in seinem Leben läuft rund und doch steht er aufrecht da, kann das milde lächeln der Leute ignorieren. Und ja, eine gewisse Altersweisheit hat sich eingeschlichen, die man nur schwer ignorieren kann. Viele beinahe nebensächlich geäußerte Dinge entsprechen der Lebensschläue ihres Autoren Stallone, der dieses Mal auch wieder den Platz als Regisseur übernahm, nachdem er beim fünften Teil das Zepter an John G. Avildsen zurück gegeben hatte, der einst den ersten Film inszenierte.

„Rocky Balboa“ ist ein warmherziger Film über Liebe, Selbstachtung und Hoffnung. Themen also, die schon den Originalfilm geprägt und zum Klassiker gemacht haben. Nun betrachten Rocky und sein Alter Ego Stallone diese Themen aus einer neuen Perspektive. Im Herbst seiner Karriere zeigt sich Stallone in allen Funktionen vor und hinter der Kamera in absoluter Bestform. Apropos Bestform; mit knapp 60 Jahren in einer solch bestechenden körperlichen Form zu sein zollt selbst Fitnessbuden-Verweigerern Respekt ab.

 

© 20th Century Fox / MGM
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Aber nicht nur die tiefe, den Film prägende Melancholie und die Vergangenheit der Boxlegende sind integrale Bestandteile von „Rocky Balboa“. Auch bei den neuen Elementen wurde alles richtig gemacht. Sage Stallone, Sylvesters 2012 überraschend an Herzversagen gestorbener Sohn, der in „Rocky V“ seinen Film-Sohn Robert gemimt hatte, war aus Termingründen für „Rocky Balboa“ verhindert, weswegen die Rolle mit Milo Ventimiglia („Heroes“) neu besetzt wurde, der einen deutlich besseren Job dabei leistete. Antonio Tarver war zwar ein realer Box-Champion, was ihn nicht zum besten Schauspieler macht. Dennoch wagte man mit der Figur des Mason Dixon eine gelungene neue Varianz als Gegner, die Tarver, vor allem im Ring, mit Leben zu füllen wusste.

Nicht wenige Kritiker haben „Rocky Balboa“ im Vorfeld zerrissen. Zu schlecht war „Rocky V“ in Erinnerung, zu sehr rümpfte man über das reaktionäre 80er Jahre Kino die Nase, das man damals selbst noch feierte. Viel zu spät käme dieser Abgesang auf einen bereits vollzogenen Absturz. Auch an Stallone selbst ließ man kein gutes Haar. Die Häme, die Balboa im Film entgegen schlägt, als er sich um eine Boxlizenz bemüht, war nichts im Vergleich zu dem Spott, mit dem Stallone, der Rentner-Boxer, belegt wurde.

 

© 20th Century Fox / MGM
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Doch alle Kritiker mussten verstummen angesichts eines Filmes, der ein Herz für seine Charaktere und vor allem seinen Titelhelden hat und sie nie der Lächerlichkeit preis gibt. „Rocky Balboa“ wurde ein großer Erfolg, Stallones Rechnung ging verdientermaßen auf und brachte ihn wieder ins Geschäft zurück. Mit „John Rambo“ schickte er 2008 auch noch seinen Vietnam-Veteranen in den Ruhestand, nur um 2010 mit „The Expendables“ gleich noch einmal einen neues Action-Franchise zu begründen. Für die unterhaltsame aber letzten Endes nicht sonderlich originelle Komödie „Zwei vom gleichen Schlag“ gab er auch noch mal selbstironisch einen Boxer und mit „Creed“ beweist er, dass vielleicht auch Rocky noch ein Leben nach dem Ring vergönnt ist. Eine Legende ist er ohnehin schon lange.

 

Rocky Balboa - Bewertung

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DVD-Cover und Bilder © und Eigentum von 20th Century Fox / MGM.

2 comments on “KRITIK – ROCKY BALBOA

  1. Rocky Balboa – Teil VI ist für mich der beste Film. Ich wuchs mit allen Teilen auf, doch Teil VI eröffnete mir ein neues Leben. Mit 40 nochmal Neustarten zu müssen, bedeutet harte Arbeit an sich selbst und den Glauben und die Gewissheit haben und behalten, dass man es schaffen wird! Als ich 2007 den Film sah, wusste ich, dass ich die Kraft habe alles zu schaffen was ich will!
    Danke Rocky!

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