Autor: Kevin Zindler
Rekapitulieren wir noch einmal, was bisher geschah: John Wick, das kürzlich verwitwete ehemalige Mitglied einer Schattenkabale von Auftragskillern, die von der regelbesessenen Hohen Kammer regiert wird, ist erst kurz im Ruhestand, als er wieder zum Handeln gezwungen wird. Mafiosi-Sohn Iosef Tarasov (Alfie Allen) tötet Wicks Hund (und stiehlt sein geliebtes Auto), den seine verstorbene Frau ihm hinterlassen hatte. Als Wick sich an Iosef und gefühlt Tausenden seiner Henchmen inklusive Vater und Big Boss Viggo Tarasov (Michael Nyqvist) gerächt hat, fordert der machthungrige Mafioso Santino DʼAntonio (Riccardo Scamarzio) Wick recht überzeugend dazu auf, seine Schuld bei ihm zu begleichen und dessen eigene Schwester umzulegen, um selbst mächtiges Mitglied der Hohen Kammer zu werden. Als DʼAntonio John (trotz erbrachter Arbeit) zum Abschuss freigibt, killt dieser alle, die ihn killen wollen – inklusive Santino, während dieser sich auf dem „heiligen Boden“ des Continental Hotels aufhält, einem Etablissement, das als sicherer Ort für Auftragskiller gilt. Diese Tat führt dazu, dass er von der Hohen Kammer als „exkommuniziert“ eingestuft wird – alle seine Rechte und Privilegien werden ihm von nun an entzogen und es wird ein offener Auftrag auf ihn ausgestellt, der mit einer Belohnung von 14 Millionen US-Dollar dotiert ist. Winston (Ian McShane) verschafft Wick einen einstündigen Vorsprung, teils aus Freundschaft, teils aus eigenen Interessen.
„Manchmal muss man töten, was man liebt.“ (Sofia)
Auch der dritte Teil besticht durch erstklassige Kämpfe und Stunts, sei es auf zwei oder auf vier Beinen (ja, Wick schwingt sich aufs Pferd) beziehungsweise zwei oder vier Rädern. Allein die erste Passage, als John in der New Yorker Stadtbibliothek auf der Suche nach einem ganz bestimmten Buch ist und von einem Killer zum Kampf gefordert wird, ist pures Filmgold. John tötet ihn, indem er das Buch, das er in der Hand hält, als Waffe einsetzt. Dieser Teil ist großartig, aber der Moment der wahren Inspiration kommt, als er zurückgeht und das Buch in das Regal zurückstellt, in dem er es gefunden hat. Dieses Detail funktioniert nicht, weil es lustig ist, sondern weil es so perfekt zur Figur passt, dass es fast schon seltsam wäre, wenn er es nicht tun würde. In einem Genre, in dem Unpersönlichkeit mehr denn je das Gebot der Stunde ist, ist das eine wahre Freude.
„Wenn du Frieden willst, bereite dich auf den Krieg vor.“ / „Si vis pacem papa bellum“ (Winston)
Es scheint, dass jeder im Wickiversum, zumindest diejenigen, die eine sprechende oder blutende Rolle haben, selbst ein Attentäter ist. Wicks Plan ist es, sich auf den Weg nach Marokko zu machen, in der Hoffnung, den geheimnisvollen Anführer der Hohen Kammer ausfindig zu machen, um ihm ein persönliches Angebot zur Wiedergutmachung seiner schweren Verfehlung zu unterbreiten. Obwohl niemand in der Organisation Wick helfen soll, erhält er Unterstützung von einigen Personen aus seiner Vergangenheit: Von seiner ehemaligen Mentorin (Anjelica Huston; DIE EHRE DER PRIZZIS, 1985) und Sofia – gespielt von Topstar Halle Berry (CLOUD ATLAS, 2012) –, einer ehemaligen Killerin, die jetzt den marokkanischen Zweig des Continental leitet und Wick für einen Gefallen aus der Vergangenheit etwas schuldet. Übrigens: Um die physisch anspruchsvollen Szenen zu überstehen und neben Keanu Reeves im Kampf eine gute Figur zu machen, trainierte die Schauspielerin so hart, dass sie sich drei Rippen brach. Während er auf der Suche nach dem Kopf der Hohen Kammer ist und alle Gegner abwehrt, trifft ein anderes Mitglied der Organisation, das nur als „Richterin“ (Asia Kate Dillon; BILLIONS, 2016-2022) bekannt ist, in New York ein, um die Dinge in Ordnung zu bringen und sowohl Winston als auch den Bowery King (Laurence Fishburne) dafür zu bestrafen, dass sie es gewagt haben, Wick zu helfen. Um dies zu bewerkstelligen, nehmen sie die Dienste von Zero (Mark Dacascos; CRYING FREEMAN, 1995) in Anspruch, einem Sushikoch, der über eine endlose Reihe tödlicher Ninjas verfügt, die alle nur darauf warten, den legendären John Wick die Hölle auf Erden zu bereiten.
Regisseur Chad Stahelski präsentiert uns zusammen mit Kameramann Dan Laustsen und Produktionsdesigner Kevin Kavanaugh eine endlose Reihe atemberaubender Bilder und Stuntmen, die mit allem, von Pistolen und Messern bis hin zu dem bereits erwähnten Buch beziehungsweise Pferd, herrlich blutige Verwüstungen anrichten. Wo der Film jedoch ein wenig strauchelt, ist, dass die Versuche, die Welt weiter auszubauen, nicht ganz so inspiriert sind wie in den vorherigen Filmen. Die durchweg spannenden Kampfszenen sorgen für viele Lacher, vor allem bei den Tötungen, bei denen Wick gezwungen ist, etwas anderes als eine Waffe zu benutzen. Und natürlich spielen auch Hunde wieder eine Rolle. Sofia wird von ein paar Hunden begleitet, die praktisch jede Szene des Films stehlen, in dem sie zu sehen sind, und sich in einer der großen Kampfszenen des Films mehr als gut behaupten.
Das Ende – eine spektakuläre Schießerei mit vielen Fights und zerbrochenem Glas – toppt noch einmal alles bisher Dagewesene. Das offene, teils unbefriedigende Ende durch den Verrat eines guten Freundes lässt den treuen Wick-Fan fassungslos zurück. Das steigert jedoch die Freude auf eine Abrechnung im nächsten Teil nur umso mehr.
JOHN WICK: KAPITEL 3 – PARABELLUM konnte am ersten Wochenende sagenhafte 56 Millionen US-Dollar am Box-Office einspielen. Zwar lag das Budget mit 75 Millionen US-Dollar deutlich höher als bei den ersten beiden Teilen, doch der JOHN-WICK-Hype trug den Film allein in den Staaten über die 170-Millionen-US-Dollar-Hürde. Auch in Deutschland knackte der Film die magische 1-Millionen-Kinozuschauer-Marke (1.194.815) und die gesamten weltweiten Einnahmen betrugen 327 Millionen US-Dollar. Das Franchise lebt und der Rachedurst Wicks scheint noch lange nicht gestillt.
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