KRITIK – ATOMIC BLONDE (ODER DER BLONDINENWITZ DES ACTIONGENRES)

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© Universal Pictures International Germany GmbH

Autor: Tom Burgas

Die ersten Minuten wenn nicht gar weniger entscheiden meist ob ich weiter mit unbändiger Freude den Film verfolge oder langsam anfange die Fehler zu suchen oder ihn gar generell nur noch analytisch betrachte. „Atomic Blonde“ ist da geradezu ein Vorzeigebeispiel. Grund zur Freude hatte ich ja schon einmal, denn Regisseur David Leitch ist die eine Hälfte des Regie-Duo’s, welches uns die „John-Wick“-Filme bescherte. Dass das Ganze stilistisch somit schon einmal mit Ähnlichkeiten aufwartet, sah man dann auch am Trailer. Im Grunde hätte man meinen können, dass da eben jetzt nochmal das Gleiche in grün aufgefahren wird.

Basieren tut der Action-Thriller auf einer Graphic Novel die mir absolut nichts sagte und ich auch keine Ahnung hatte ob sie innerhalb der Comicwelt einen besonderen Stellenwert hat. Aber da „Atomic Blonde“ in Berlin spielt hatte mich der Film schon mal anfänglich, da ick ja fast nen jeborener Berliner bin wa? Zusätzlich spielt es während der Zeit des Mauerfalls, also ist die Ausgangslage nicht die typische. Charlize Theron kommt in der Hauptrolle zu Actionehren. Lässt mich ja erstmal ein großes ,,Hmmm,, ausatmen. Klar in „Mad Max – Fury Road“ ist sie ganz cool, aber ansonsten will die mir sehr oft einfach nicht schmecken. Aber James McAvoy als schmieriger Agent greift ihr unter die Fittiche, somit kann eigentlich nur wenig schief gehen. Natürlich gibt es wieder ein McGuffin als Storyaufhänger und irgendwann weiß man nicht mehr, wem zu trauen ist, eben das 1×1 des Agenten-Knall-Pumm-Pengfilms. Gerade bei solch einem Film muss das ja nichts schlimmes sein.

 

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© Universal Pictures International Germany GmbH

Soviel sei jedoch schon erwähnt, der Schuss ging ziemlich nach hinten los, womit ich wieder zu den ersten Minuten komme. In denen sieht man die Skyline von Berlin und jemand wird angefahren. Hierbei sieht man schon klar den wenig gelungenen Greenscreeneinsatz plus einen Stunt der irgendwie komisch aussieht und schon hatte es „Atomic Blonde“ schwer bei mir und sollte es auch weiter haben. Es geht damit weiter dass man Theron am Anfang unbedingt öfter leicht bekleidet oder nackt zeigen muss und dass weder erotisch, noch exotisch oder gar offen cool rüberkommt, sondern einfach nur aufdringlich. Wo wir gerade bei aufdringlich sind, mein Gott wirkt ihre Coolness aufgesetzt und am Rande der Peinlichkeit. Es braucht eben mehr als auf alle Vorgesetzten zu scheißen oder pseudocoole Sprüche von sich zu geben. Wo sie in „Mad Max“ noch überzeugen konnte ist sie hier, wie schon in „Prometheus“, eher fast schon eine Karrikatur. Also schon nach ca 15-20 Minuten war mir klar, dass hier einiges nicht funktioniert egal auf welcher Ebene.

James McAvoy ist in der ersten Hälfte sowas wie der Rettungsanker, den der Film dringend braucht. Seine Figur ist zwar nur eine andere Variante seines Charakters aus „Drecksau“, aber das muss ja nichts schlimmes sein und passt hier auch ganz gut rein. Kleine Überraschung was den Cast angeht war wohl Eddie Marsan, den man immer wieder gerne sieht und der wohl leider immer mehr auf „Opferrollen“ spezialisiert ist. Wer ihn einmal in einer bitterbösen mutigen Rolle sehen will schaue sich „Allison Creed“ an. Ansonsten war mir vorher nicht bekannt dass Til Schweiger eine Rolle inne hat, die jedoch weder Gewicht noch Aussagekraft hat und somit wohl nur eine Marketingbesetzung darstellt.

 

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© Universal Pictures International Germany GmbH

Und was macht die Action? Das wenn wir ehrlich sind sowieso meist einzig wirklich wichtige bei solch einem Genrebeitrag. Tja die ist gar nicht so präsent wie erwartet, gerade in der ersten Hälfte wird mehr geredet und sich in dem allgemeinen 80er Jahre Neonstil gesuhlt, so dass der Streifen viel eher an einen Spionagekrimi anstelle eines puren Actionfilms erinnert. Auch wieder nicht verkehrt, nur wurde ich hier Opfer meiner Erwartungen, suggerierten mir Trailer in Verbindung mit dem Regisseur was anderes. Das Andere bekomme ich jedoch in der zweiten Hälfte. Während ich mich im Kino schon nach dem Ausgang sehnte und es wirklich schwer war überhaupt noch Spaß aufzubringen schenkt mir „Atomic Blonde“ die wohl beste und auch längste Plansequenz die ich seit sehr vielen Jahren gesehen habe. Da geht es von Wohnung zu Wohnung über Treppenhaus, auf die Straße, ins Innere eines Autos und es knallt an allen Ecken und das Sounddesign ist der Wahnsinn. Als hätte auf einmal ein komplett anderes Team an dieser Sequenz gesessen und ich für rund 10-15 Minuten DEN Film gesehen auf den ich mich gefreut hatte. Zudem ist in dieser Sequenz fuckin Daniel Bernhardt ihr Gegner!! Selbstredent dass er ihr im echten Leben einen Scheitel gezogen hätte, aber gut, lass ich durchgehen, nur fällt es leicht auf, dass er sich zurückhalten muss, da Theron eben kein Martial Artist ist. Trotzdem tut der Kampf schön weh und ist der größte Pluspunkt des Streifens.

Schade dass er da nicht endete. Danach hält er sich wieder zu sehr mit Storysträngen auf die einfach komplett nicht interessieren und die man im Grunde komplett herausnehmen hätte können. Alles um Sofia Boutellas Charakter hätte der Film nicht gebraucht, da er langweilt und nichts zu erzählen hat. Man fühlt sich sogar peinlich berührt wenn man das Gefühl hat, dass man im Grunde nur eine lesbische Zuneigung ausschlachten will, dabei dürfte das wohl kaum noch wen hinter dem Ofen vorlocken.

Ich wünschte wirklich ich könnte viel mehr gutes als Ausgleich über „Atomic Blonde“ erzählen, aber ich bin definitiv stark enttäuscht. Offensichtlicher Einsatz von Greenscreen, eine langweilige Geschichte, eine Lauflänge die mindestens 30 Minuten zu lang erscheint, ein 80er Jahre Soundtrack der einfach nur nervt (das muss man erstmal schaffen) und eine Heldin die zu fast keiner Sekunde cool rüberkommt. Wäre da nicht die eine große erwähnte Szene wäre die 30 Millionen US-$ Produktion für mich eine absolute Katastrophe. Durch diese und dadurch dass er natürlich rein handwerklich, außer die erwähnten Schnitzer, in Ordnung ist schleift er sich noch in das untere Mittelmaß. Ein Film der mich selbst Sonntags auf der Couch ärgern würde.

 

Atomic Blonde - Bewertung

Ab dem 24. August 2017 nur im Kino!

Kinoplakat & Bilder © Universal Pictures International Germany GmbH.

 

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