INTERVIEW MIT CHRISTIAN ALVART (ANTIKÖRPER, PANDORUM, TATORT-REIHEN TSCHILLER & BOROWSKI, CAPTAIN FUTURE)

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CHRISTIAN ALVART & FLORIAN WURFBAUM © Entertainment Blog / Florian Wurfbaum

DAS FLAGGSCHIFF („DIE COMET“) DES DEUTSCHEN GENRE-FILM

Redakteur Florian Wurfbaum hatte die einmalige Gelegenheit, sich mit dem äußerst sympathischen und überaus talentierten Star-Regisseur zu unterhalten.

Kurzbiografie: Christian Alvart wurde 1974 in der Nähe von Frankfurt geboren und wuchs in einem streng religiösen Elternhaus auf. Nach einigen Amateurfilmen mit Freunden zog er 1997 mit seiner Firma Syrreal Entertainment nach Berlin. Zwei Jahre später schrieb, produzierte und inszenierte der Wahl-Berliner sein Spielfilmdebüt „Curiosity and the cat“. Der Thriller kostete lediglich 30.000 $ und brachte dem jungen Filmemacher erste Reputation in der Branche ein. Dank des Erfolges fasste Alvart endlich Fuß in der deutschen Medien-Branche und arbeitete fortan als Autor für mehrere deutsche Filme und TV Shows. 2005 debütierte sein erster großer Kinofilm „Antikörper“ bei dem er erneut sowohl das Drehbuch schrieb, als auch die Regie übernahm. Der schweißtreibende Thriller feierte seine Premiere auf dem New Yorker Tribeca Filmfestival und wurde zu einem Überraschungserfolg. 2006 folgte der deutsche Shooting-Star den Ruf Hollywoods und zog nach Vancouver. So begannen  im Oktober desselben Jahres die Dreharbeiten zu seiner ersten US-Produktion mit dem Titel „Case 39“. 2009 drehte Alvart dann den deutsch-britischen Science-Fiction-Thriller „Pandorum“ mit Dennis Quaid in der Hauptrolle. Nach den beiden internationalen Produktionen kehrte der Deutsche zurück in seine Heimat und drehte in den Folgejahren einige TV Krimis wie z.B. die Tatort-Folgen um den Kieler Hauptkommissar Borowski. 2013 entwickelte der große „Blade Runner“-Fan gemeinsam mit Til Schweiger die neue Tatort Reihe um den Hamburger Ermittler „Tschiller“. Aktuell arbeitet Alvart mit großem Enthusiasmus an der Verfilmung der „Captain Future“-Romane, die in Deutschland durch die Zeichentrickserie aus den 70er/80er Jahre absoluten Kultstatus genießt.

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Hallo Christian, vielen Dank, dass du dir die Zeit für das Interview genommen hast. Wie wurdest du mit dem Filmvirus infiziert?

CA: Das war bei mir tatsächlich sehr, sehr früh. Die Filme, die ich damals gesehen habe, gehören zu meinen frühkindlichen Erinnerungen. Sie haben mich extrem beeindruckt, mitgenommen und inspiriert. Bei den gesehenen, andersartigen, fantastischen Welten habe ich mich als Kind sehr schnell hineingeträumt und vom Alltag ein wenig weggesehnt. Da ich aus einer sehr christlichen Familie komme, war Filme konsumieren bei mir aber stark eingegrenzt. Ich habe mir dann so beholfen, dass ich die Filme auf Audiokassette aufgenommen habe. So hörte ich die Kassetten meiner Lieblingsfilme teilweise jahrelang immer wieder nachts, anstatt diese zu sehen. Hierbei habe ich dann meine eigenen Bilder bewahrt und vielleicht auch mal geändert. Ich glaube, dass mir das geholfen hat in Kinobildern zu denken, selbst wenn sie nicht da waren. Auch habe ich Bücher zum Film gekauft und dadurch sozusagen den Film gekannt – ohne diesen gesehen zu haben. Zudem las ich damals auch die Filmzeitschriften und so wusste ich in meinem Freundeskreis über die Filme immer fast am meisten, z.B. auch über deren Produktionsbedingungen. Dies alles hat sich zu meiner Faszination und Besessenheit zum Film ausgewirkt. Als ich dann später ausgezogen bin, habe ich tatsächlich alles rauf und runter geschaut. Hierbei stellte ich schnell fest, dass ich Genre-Sachen am wildesten und unberechenbarsten finde, deswegen habe ich mich schnell in Richtung Genre entwickelt.

 

 

Als Kind der 80er Jahre und großer Filmfan müsstest du eigentlich auch ein Videotheken Kind sein, oder?

CA: Ja, es gab da eine kleine Episode, als mein Vater, der eine Art Wirtschaftsberater war, zwischenzeitlich mal eine Videothek in Osnabrück betreute. In dieser Zeit kam ich leichter an Filme heran. Einer davon war der animierte „Charlotte´s Web“, den ich ganz toll fand und ein anderer tatsächlich der erste „Star Wars – a new hope“ .

Ich kann mich erinnern, dass wir damals bei den „Star Wars“ – Fortsetzungen die Schule geschwänzt haben. Wir sind dann immer ins Kaufhaus gegangen, nur um hier in der Spielzeugabteilung, beim Kenner-Actionfigurenstand, die 15 minütige Endlosschleife der Filmszenen zu bestaunen. In meiner Jugendzeit habe ich dann einen Videothekar näher gekannt. Dieser  hat bezüglich der FSK Freigaben auch mal ein Auge zugedrückt, so dass ich bereits mit 16 Jahren Erwachsenenfilme wie „Robocop“ oder „Predator“ ausleihen konnte.

Ein weiteres prägendes Erlebnis hatte ich mit der Sichtung von „Gremlins – Kleine Monster“ und „Rambo – First Blood“, die ich dank meiner älteren Cousine schon in jungen Jahren sehen durfte. So zählt der erste „Rambo“ auch heute noch zu meinen Lieblingsfilmen. Wobei der Actionfilm in meinen Kindheitserinnerungen aber ein anderer Film ist. Das gilt zum Beispiel auch für „Watership Down – Unten am Fluss“, den ich als Kind sehr, sehr geliebt habe. Der aber in meiner Wahrnehmung so brutal war, dass ich danach im Animationsstil  gezeichnete Bilder im Kopf hatte, die im Film jedoch gar nicht vorkamen. Daran merkt man, dass das kindliche Gehirn Dinge, die vor allem nur beschrieben oder im Voice Over angedeutet werden, nochmal anders ausmalt. Daher habe ich diese Erinnerung, wie ich als Kind die Filme wahrgenommen habe, immer im Hinterkopf wenn ich selbst entscheide, was eben meine Kids sehen dürfen. Ich fand als Kind z.B. „Unten am Fluss“ viel krasser zu sehen, als „Gremlins – Kleine Monster“ oder gar „Rambo“, weil das mit dem Kind eben andere Dinge macht – zumindest bei mir war das so.

 

 

Wer sind deine filmischen Vorbilder?

CA: Ich habe hier eine ganz breit gefächerte Liebe. Doch es gab einen wichtigen Initiator, ähnliche Filme wie er machen zu wollen. Es klingt vielleicht total banal, da es Mainstream ist, aber es war tatsächlich Luc Besson mit „Nikita“. Der Action-Thriller sah  genau so aus, wie ich mir Filme machen vorstellte. Als ich „Nikita“  zum ersten Mal gesehen habe, war ich so begeistert, dass ich am nächsten Tag gleich nochmal rein bin. Der  Luc Besson Film ist eigentlich ein hanebüchener, fast schon fantasielastiger Streifen, der sich aber nicht so anfühlt. Besson erschafft eine Welt, die total glaubhaft und wahnsinnig realistisch wirkt. So habe ich gemerkt, dass solche Filme zu denen z.B. auch „Alien“ zählt, für mich Meisterwerke sind. Eigentlich ist „Nikita“ ja eine so absurde Geschichte. Man stelle sich mal vor, das würde jemand in deutschen Tatort erzählen? Da würden einen alle auslachen, aber wenn du damals „Nikita“ im Kino gesehen hast, war es glaubwürdig. Mit „Leon, der Profi“ ist dies dem französischen Filmemacher erneut gelungen und davor auch schon mit „Im Rausch der Tiefe“, der auch zu meinen Lieblingsfilmen gehört. Aus diesem Grund war Luc Besson – als ich 16-17 Jahre alt war – einer der Leute, weswegen ich Filme machen wollte. Weitere Vorbilder sind natürlich auch die üblichen Verdächtigen von damals, wie John Carpenter, Sergio Leone, Sam Raimi und Sergio Corbuccci.

 

 

FLORIAN WURFBAUM & CHRISTIAN ALVART © Entertainment Blog / Florian Wurfbaum
FLORIAN WURFBAUM & CHRISTIAN ALVART © Entertainment Blog / Florian Wurfbaum

Wir meinen in einigen deiner Werke das 80er Jahre Genre-Kino zu erkennen. Daher die Frage: Haben dich die Filme dieser Epoche besonders geprägt?

CA: Ja, natürlich haben mich die Filme dieser Zeit geprägt. Ich habe generell eine besondere Affinität zu den 80er Jahre Genre-Werken. So besitze ich auch eine nostalgische Liebe für Sachen die aus heutiger Sicht vielleicht ridiculous (lächerlich) wirken, da ich die ganzen Klischees aus den Achtzigern, wie Cop-Stories oder Rächergeschichten, einfach mag. Daher hatte ich auch Spaß, diese bei den „Tschiller“-Filmen wieder ein wenig mit Augenzwinkern aufleben zu lassen. Mir gefallen verschiedenste Genre-Beiträge aus der damaligen Epoche. Ob dass die „Death Wish“-Teile waren oder die ersten “Lethal Weapon“-Filme, die ebenfalls bei „Tschiller“ als kleine Inspiration hergehalten haben. Auch die Reihe des bereits zuvor erwähnten ersten „Rambo“ gehört dazu. Objektiv gesehen ist eigentlich nur der erste Teil gut, aber subjektiv liebe ich alle, weil ich halt in dieser Zeit geboren bin. Mir macht es einfach Spaß solche Filme zu schauen, auch wenn ich natürlich weiß, dass in diesen 80er Jahre Genre-Streifen ein militaristisches, fast schon faschistisches Bild transportiert wird, welches meinem eigenen liberalen Weltbild gar nicht entspricht. Vieles ist hier homophob und rassistisch, allerdings entstammt es aus einer Zeit, in der sich die Leute dessen gar nicht bewusst waren, welch übertriebenes Macho-Image sie da mit den Slow Motion Aufnahmen von Bizepsmuskeln, inklusive Schweiß und Stirnband, abfeiern. Es ist eben einfach aus der damaligen Zeit geprägt.

 

 

In wie weit wurdest du von dem Erfolg deines zweiten Spielfilmes Antikörper überrascht?

CA: Vollständig, es war eine komplette Überraschung. Der davor entstandene „Curiosity and the Cat“ war ja eigentlich gar nicht so richtig zur Veröffentlichung gedacht. Vielmehr wollte ich mit diesem, das Kapitel mit den selbstgemachten Amateurfilmen die ohne Drehgenehmigungen gedreht wurden, abschließen und den Film zudem als eine Art Demo haben, das ich Produzenten zeigen kann. Doch dann ist das Ganze größer geworden und außer Kontrolle geraten, so dass „Curiosity and the Cat“ tatsächlich veröffentlicht wurde und daraufhin sowohl für den Max Ophüls Preis nominiert wurde, als auch einen DVD-Release von den Anolis Jungs spendiert bekommen hat. Also war der 200.000 DM teure Streifen plötzlich ein annehmbarer Erfolg. Danach habe ich dann versucht mein ursprünglich als Debüt geplantes Script „Killer Queen“ umzusetzen, doch leider ist das Projekt 2002 kurz vor dem Dreh, aufgrund der damals massenweise geplatzten deutschen Fonds, weggebrochen. Aus Frust habe ich danach mit „Antikörper“ bewusst einen kleinen dreckigen Film für mich geschrieben. Und da der Film so düster, sehr pessimistisch und kontrovers ist, habe ich niemals damit gerechnet, dass irgendjemand außerhalb von Deutschland „Antikörper“ schauen wird. Als er dann auf der ganzen Welt lief und mich die Amis dann eingeflogen haben, war ich völlig geschockt.

 

 

Wie war die Zusammenarbeit mit Produzent und zugleich Genre-Spezialist Paul W.S. Anderson bei der „Pandorum“ Produktion?

CA: Also ich muss sagen Paul ist ein wahnsinnig netter Kerl, der wie ich einen ganz großen Film-Enthusiasmus hat. Bei „Pandorum“ habe ich aber eher mit seiner Firma gearbeitet, als mit ihm selbst. Paul hat sich zwar schon das Set angeschaut und auch Notes gegeben – es war also nicht so, dass er nichts mit dem „Pandorum“ zu tun hatte – aber von den 3 Produzenten war er jener, der am wenigsten beteiligt war. Trotzdem habe ich Paul gut kennengelernt, allerdings waren eben Jeremy Bolt und Robert Kulzer die beiden Hands on Producer, die wirklich jeden Tag am Set und später auch im Schneideraum waren. Er hatte damals gerade „Death Race“ abgedreht und steckte noch in der Post-Produktion des Filmes. Zudem hat er bereits auch sein nächstes Werk vorbereitet.

 

 

Die „Tschiller“ Tatort Filme bewegen sich abseits der typischen Krimis der Reihe und orientieren sich deutlich an dem amerikanischen Actionkino. Konntest du hier deine Vorstellungen frei entwickeln, oder gab es Vorgaben von Seiten des Fernsehsenders NDR?

CA: Genau das war es, was mich daran so gereizt hat. Ich hatte zuvor ja bereits die Borowski-Filme gemacht und war daher eigentlich durch mit der Tatort-Reihe. Dann habe ich, wie alle, gelesen, dass Til Schweiger zur Tatort-Reihe geht. Das ging dann ein halbes Jahr wahnsinnig kontrovers durch die Medien, wie z.B. warum Schweiger den Abspann abschaffen will. Als daraufhin Schweiger in einem Interview erwähnt hat, dass bei ihm in den ersten 5 Minuten mehr abgeht, als in allen anderen Tatorts zusammen, fühlte auch ich mich angesprochen, da ich ja auch bereits zwei gemacht habe. Und dann kam plötzlich aus dem nichts der Anruf, ob ich „Willkommen in Hamburg“ inszenieren möchte. Ich habe mir gedacht, du kannst einerseits nur in die Scheiße treten, da alle nur sehen wollen, dass es schief geht – also die Nation hofft dass es in die Hose geht. Aber andererseits ist es auch wahnsinnig befreiend, weil du von vorhinein weißt, dass du verrissen wirst. Also kann ich das nächste halbe Jahr immer davon in der Zeitung lesen und eine Außensicht haben, oder ich bin mittendrin im Auge des Orkans und bekomme mit, was so abgeht. Zumal ich ein bisschen die Hoffnung hatte, dass man mit Til freier und frecher ran gehen kann, weil er ganz klar eine Macht in Deutschland besitzt. Til lässt nicht zu, dass  irgendwelche Bedenkenträger mit Schlips Einfluss nehmen, denn wenn er was gut findet, kämpft er auch dafür. Daher waren wir also sehr frei, abgesehen von Geld und Zeit, so dass „Willkommen in Hamburg“ genau so ist, wie er sein soll. Zudem gab der Sender die Vorgabe die Zielgruppe zu verjüngen. Auch gab es den Wunsch die Tatort-Reihe mit mehr Action und einer schnelleren Erzählweise etwas frischer wirken zu lassen. Aber das war okay, denn Til wollte dies auch und mich hat das zudem daran gereizt.

 

 

Tschiller - off Duty
© Warner Bros. / Auf DVD, Blu-Ray & VOD erhältlich.

Habt ihr euch bei der Erschaffung der Figur Tschiller bewusst an Tatort Legende Schimanski angelehnt?

CA: Es ist ja klar, wenn du einen Haudrauf-Ermittler hast, ist nun mal Schimanski die Legende. Ich habe auch als Kind Schimanski geliebt und fand den megacool. Dagegen waren die Schimanski-Filme außerhalb der Tatort-Reihe nicht so mein Ding, da das Ganze schon so ein bisschen vorbei war. Bereits die letzten beiden Folgen der regulären Tatort-Filme in den 90er Jahren fand ich schon nicht mehr so geil. Doch wenn ich jetzt noch den ersten Schimanski in den Player lege, dann feiere ich den sofort ab, da dieser einfach noch so roh und pur ist. Hier spielt Götz George so toll. Allein wie sich der in den ersten zwei Minuten ein T-Shirt anzieht, ist schon sensationell. Also da gab es eine Liebe, aber auch das Bewusstsein Schimanski Respekt zu zollen. Dennoch muss Tschiller was eigenes sein, das ist ja klar und aus meiner Sicht ist er dies auch. Die beiden Ermittler haben tatsächlich nicht so viel gemein, außer dass sie sich prügeln.

 

 

Ist nun mit dem Tschiller-Kinofilm die Dienstzeit von Til Schweiger als Hamburger Ermittler endgültig beendet?

CA: Nein, Til Schweiger hat nach den ersten vier TV-Filmen, mit der Folge „Fegefeuer“ als Abschluss, für 4 weitere „Tschiller“-Fälle unterschrieben. So ist der Kinofilm „Tschiller: Off Duty“ dann auch der erste Film der zweiten Hälfte. Zudem wird es dann noch 3 weitere Fernsehtatortfilme geben.  Ob ich hier als Regisseur fungieren werde, ist aktuell noch nicht klar.

 

 

Du giltst als ein sehr effizienter Filmemacher der seine Werke oftmals deutlich teurer aussehen lässt als das ursprüngliche Budget. Hast du praktisch aus einer Not eine Tugend gemacht?

CA: Das ist einer meiner Marktlücken und als Unternehmer und Regisseur mein Verkaufsargument gegenüber den Auftraggebern, da ich es als ehemaliger Amateurfilmer aus meiner Sicht schon ein bisschen drauf habe, aus wenig viel zu machen. Es gibt ja die absurdesten Legenden was wir bei den „Tschiller“-Tatorts für ein Budget hätten, aber in Wirklichkeit ist es marginal höher als bei einer durchschnittlichen Tatort-Folge. Alles im allem haben wir 100.000 € mehr an Produktionsbudget – wenn überhaupt, manchmal sind es auch nur 80.000 € – aber wir haben dabei wesentlich mehr Schauplätze, ein größeres Ensemble und mehr Actionsequenzen. Ich bin richtig stolz darauf, was wir beim Tatort für unter 1,5 Millionen € Produktionsbudget auf die Beine stellen. Klar gibt es Leute die das nicht so sehen, aber wir holen schon das Maximum aus dem Budget raus. Es ist halt sehr stressig für das Team, so dass Leute die neu dazu kommen dann Schnappatmung bekommen, so wie wir loslegen.

 

 

War es für dich schwer deutsche Fördergelder für deine Genre-Werke zu bekommen?

CA: Man muss einfach mal sagen, dass es generell schwierig ist Fördergelder zu bekommen. Ich glaube das Genre-Fans die das beklagen, keine Vorstellung haben wie sehr Fördergelder schon einem Lotteriegewinn gleichen. Denn die Anträge sind so wahnsinnig viele, dass die Förderer teilweise nicht schaffen gute Projekte auszuwählen. Nicht jede Ablehnung hat damit zu tun, dass sie das Projekt schlecht finden, sondern es gibt auch Ablehnungen von guten Projekten, da sie von den Fördertöpfen her eben nicht alles fördern können. Ich freue mich jedes Mal wenn ich eine Förderung bekomme, aber ich muss ganz ehrlich sagen, der Normalfall ist das du abgelehnt wirst. Und Genre hat es da nochmal schwerer, da die Leute die in den Gremien sitzen, das nicht verstehen, weil sie selber andere Dinge machen. Es gibt aber auch Fürstreiter für das Genre, die dem offen gegenüber stehen. Das größte Problem in Deutschland sind hier nicht die Förderer, sondern das Publikum, dass Genrefilme auch kucken muss. Als Genre-Fan kannst du nichts Besseres machen, als ein Kinoticket für einen Genrefilm zu kaufen.

 

 

Deine bisherige, imposante Karriere hat dich ja sowohl in Hollywood, als auch in Deutschland Arbeiten lassen. Welche Unterschiede hast du zwischen der Traumfabrik und den hiesigen Produktionen ausgemacht? Nur das Budget?

CA: Das ist eine sehr weitgefasste Frage. Hierzu habe ich ein ganzes Kapitel in dem Buch „Hollywood – Traum und Wirklichkeit“ von Marco Kregel verfasst. Das ist auf jeden Fall ein Thema zu dem man sehr, sehr viel erzählen kann. Ich sag mal, am ähnlichsten zu Deutschland ist die Drehzeit mit den Schauspielern. Umso weiter man sich von der drehenden Kamera entfernt, umso größer sind die Unterschiede, also bei der Finanzierung, in der Entwicklung usw.

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© Wiedemann & Berg / Syrreal Entertainment
© Wiedemann & Berg / Syrreal Entertainment

Auch wir sehen unglaublich hohes Potenzial in den Captain Future Filmen. Daher möchten wir dir an dieser Stelle für den Erwerb der Rechte gratulieren. Wie kam es zu deiner Liebe zu der Captain Future TV Zeichentrickserie? Wie schwierig war es für dich die Rechte zu Captain Future zu erwerben?

CA: Fast wie unsere gesamte Generation, war ich als Kind ein großer Fan von „Captain Future“. Die Zeichentrickserie hatte eine unglaubliche Atmosphäre und so habe ich mich förmlich in diese Welt geträumt. So waren „Captain Future“ und „Raumschiff Enterprise“ die beiden Serien mit denen ich mich wahnsinnig beschäftigt habe, so dass ich mir sogar eigene Geschichten ausgedacht habe. Ich habe Future sehr geliebt und als ich noch in Hollywood tätig war, telefonierte ich spät nachts mit meinem besten Freund aus Deutschland und wir beide fragten uns dabei, warum eigentlich noch keiner eine Verfilmung von „Captain Future“ gemacht hat. Und da ich immer schon ein „lets try it“-Typ war, habe ich mit der Recherche begonnen und ein richtiges Rechtsanwaltbüro beauftragt, das die recht verworrene Rechtslage recherchiert hat. Letzten Endes war der Grund, warum es bisher noch keiner gemacht hat, dass „Captain Future“ zwar eine US-Marke ist – aber diese in den Staaten völlig unbekannt ist. Die Zeichentrickserie ist da nie gelaufen. Sie hatten es zwar mit einem Zusammenschnitt als Spielfilm probiert, doch auch das hat dort keinen interessiert. Daher hatte ich die einmalige Gelegenheit die Rechte zu erwerben. Hierzu habe ich meine damalige Hollywood-Gage, die zum Vergleich zu deutschen Gagen üppig war, in den Rechteerwerb gesteckt. Als ich mir dann die Rechte von den Erben von Schöpfer Edmund Hamilton und dem US-Verlag gesichert habe, nahm ich Kontakt zu TOEI Animation auf, die für die Zeichentrickserie verantwortlich sind. Der Grund hierfür war, dass ich die eigenständige Interpretation und den Look der TV-Serie verwenden wollte. So entstammt z.B. der Look der Figuren, das Future-Raumschiff „Comet“ und der Cosmoliner – der gar nicht in den Büchern vorkommt – aus der japanischen Animationsschmiede. Letztlich will ich meine Kindheit ehren und deswegen musste ich mit TOEI verhandeln. Das Animationsstudio war ein schwieriger Verhandlungspartner. Am Ende sind wir uns einig geworden, aber es hat eben sehr lang gedauert, bis ich alle Rechte zusammen hatte. Erst im Januar 2016 besaß ich endlich die Rechte an den TOEI Interpretationen, der Musik von Christian Bruhn und die Verlagsrechte an den Edmund Hamilton Geschichten.

 

 

Möchtest du Dich bei deiner Captain Future Realverfilmung mehr an die Romanreihe von Edmund Hamilton oder eher an die Zeichentrickserie aus den 70/80er Jahren orientieren?

CA: Letztendlich können wir keinen Film nur für die Fans machen, sondern es muss ein Balanceakt sein, so dass sowohl die Fans wie du und ich, als auch Leute die noch nie etwas von „Captain Future“ gehört haben, mit dem Ergebnis glücklich sind. Wir müssen also einen Film machen, der auf der ganzen Welt funktionieren kann, damit ich den Investoren erklären kann, warum sie einer deutschen Produktion plötzlich viele, viele Millionen geben sollen. Zwar ist das nie wirklich planbar, aber das Potenzial hat „Captain Future“ auf jeden Fall. Hierzu habe ich auch ein Buch entwickelt, welches Motive aus den echten „Captain Future“ Romanen verwendet, aber auch gleichzeitig die Origins-Story erzählt. Das heißt, wir werden einen sehr, sehr jungen Curtis Newton kennenlernen, der hier das erste Mal Menschen begegnet. Die Eltern von „Captain Future“ werden ermordet, als er sehr jung ist, so dass er versteckt auf dem Mond lebt und eben von Otto, Grag und Professor Simon großgezogen wird. Er hat also eigentlich keinen menschlichen Kontakt und das finde ich eine wahnsinnig spannende Geschichte, die leider in der deutschen Version der Zeichentrickserie herausgeschnitten wurde. Es ist einfach ein unglaublich tolles Alleinstellungsmerkmal, dass du unter künstlichen Wesen aufwächst. Statt den Mond am Himmel, sieht Curtis eben die Erde und die Menschheit vor sich. Diese Geschichte wäre einfach verschwendet, wenn ich schon zu Beginn auf „Captain Future“ im Alter von 35 Jahre schneide, der bereits ein Superheld ist. Hierbei hätte ich überhaupt keinen dramaturgischen Bogen mehr, so dass wir in unserer Geschichte, einen sehr jungen Curtis Newton die Abenteuer erleben lassen und die Ursprünge dieser Figur verfolgen.

 

 

War die Veröffentlichung des Konzepttrailers vielleicht doch geplant?

CA: Nein, das war wirklich schlimm für mich, da der Trailer zum einen noch nicht fertig war, was man daran sieht, dass die Shots unterschiedliche Qualitäten aufweisen. Zum anderen war der Zeitpunkt, als der Trailer geleakt wurde sehr ungünstig, da ich mich zu diesem Zeitpunkt tatsächlich noch nicht mit TOEI über die Rechte ihrer „Captain Future“-Interpretation geeinigt hatte und deswegen meine Verhandlungsposition geschwächt war. Denn ich hatte immer argumentiert, sollte es mit TOEI nicht klappen, mache ich halt meine eigene Interpretation und jetzt konnten sie sehen, dass meine Interpretation auf ihrer beruht. Es hat mir also ein wenig geschadet. Doch auf der anderen Seite hat der Konzepttrailer auch einen riesigen Wirbel verursacht und dadurch sind einige Investoren auf mich zu gekommen. Somit hatte es auch positive Auswirkungen.

 

 

Ein Problem bei der schlussendlichen Finanzierung könnten die aufwendigen Spezial Effekte so eines fantastischen Stoffes sein. Mit welchem Budgetrahmen plant ihr den Captain Future Film zu produzieren??

CA: Ich kann da keine Zahlen nennen, aber es ist schon in so einem Bereich, wo ich sage, dass es der teuerste deutsche Film werden könnte. Wir versuchen ernsthaft es groß aufzuziehen und reden mit der ganzen Welt, um das zu finanzieren. Ich bin ein Lokalpatriot, also würde ich das gerne in Deutschland umsetzen, wo „Captain Future“ bisher den größten Erfolg hat, jedoch mit internationalen Schauspielern wie bei „Pandorum“. „Ich bin der Überzeugung, dass man immer noch klein denken kann, wenn man groß gescheitert ist“.

 

 

Wäre es möglich, dass bei Erfolg des Erstlings, weitere Future-Abenteuer folgen?

CA: Wenn ich sowas wie „Captain Future“ anfasse, dann muss ich es auch richtig machen. Also wie ein Hollywood-Studio! Somit muss ich den Investoren und Finanziers sagen, dass wir eine Franchise aufbauen. Es ist eigentlich schon zu lange in Vergessenheit geraten, um jetzt schon zu sagen, es ist aktuell eine vollständige Franchise – wenn dann eine nostalgisch verschüttete Franchise. Aber um das Risiko abzusichern, muss man sowas schon aufbauen und weiter denken. Also auf jeden Fall versuchen wir daraus eine Franchise zu machen, vielleicht sogar später mit einem TV-Ableger. Ich will aber auch nicht zu groß was ankündigen, da es natürlich klar ist, dass es ein Kampf wird, weil die Welt jetzt nicht darauf gewartet hat. Wir müssen auf jeden Fall einerseits groß denken und andererseits realistisch bleiben.

 

 

Abgeschnitte - Title

Auf welche Projekte von Dir können sich die Filmfreunde als nächstes freuen?

CA: Es ist immer schwierig mit dem ankündigen, denn man weiß nie, ob ein Projekt vorgezogen oder getauscht wird, aber am wahrscheinlichsten ist, dass ich als nächstes den Roman „Abgeschnitten“ von Sebastian Fitzek und Michael Tsokos, verfilmen werde, der eigentlich schon in den Startlöchern steht. Der Roman ist aus meiner Karriere am ehesten mit „Antikörper“ zu vergleichen. Also ein düsterer deutscher Thriller mit Popcornpotential und tollem Cast, Moritz Bleibtreu spielt die Hauptrolle und zudem ist Jasna Fritzi Bauer, Fahri Yardim und Lars Eidinger mit an Bord. Ich bin total überzeugt von dem Projekt und im Oktober gehen voraussichtlich die Dreharbeiten los.

Des Weiteren bin ich eine Partnerschaftsverbindung mit einer chinesischen Produktionsfirma eingegangen. Im Zuge dieser Zusammenarbeit geht es zu Beginn um ein Fantasy-Märchen. Das Projekt hört auf den Namen „Fox Mission“. Hierzu hab ich gerade in China für die Regie unterschrieben, so dass ich wohl auch ein Previous machen werde – das heißt, wenn wir in vier Wochen anfangen würden, dauert es noch neun bis zehn Monate bis wir drehen können. Das ist vom Stil her so ähnlich wie „Chinese Ghost Story“, also sehr fantasy-lastig. Es geht ein bisschen in die Richtung „Herr der Ringe“, ohne dabei so groß zu sein. Die Fantasysachen, die wir hier bei uns zu sehen bekommen, sind sehr westlich angehaucht und beruhen Großteils auf die Gebrüder Grimm Märchen. Auch Tolkien hat sehr viel aus der deutschen Folklore, wie die Nibelungensaga, verwendet und an diesen Welten habe ich mich mittlerweile ein wenig satt gesehen. Die Chinesen haben da ganz andere Mythen, die zwar völlig bizarr wirken, aber zugleich sehr einfallsreich sind. „Fox Mission“ ist so ein Stoff. Der Wunsch der chinesischen Partner ist, die Geschichte den westlichen Gewohnheiten etwas anzupassen und durch mich ein wenig internationale Klarheit ins Storytelling hineinzubekommen. Der Großteil wird chinesisch-sprachig in Peking gedreht. Das finde ich wahnsinnig spannend, denn hier fliegen Menschen durch die Luft und kämpfen, es gibt Fabelwesen und Geister zu sehen, also das volle Paket.

 


Zur Ergänzung empfehlen wir Euch das Podcast-Interview – dem das Textinterview zu Grunde liegt – zu hören. Hier werden viele Antworten nochmals vertieft und weitere Themen, wie z.B. Christian Alvarts Erfahrungen bei seiner ersten Hollywood-Regiearbeit „Fall 39“ mit Reene Zellweger und Bradley Cooper angesprochen, oder auch der Grund für seine spätere Rückkehr nach Deutschland thematisiert. Natürlich gibt es hier auch noch mehr Infos zur geplanten „Captain Future“ Realverfilmung. Also reinhören lohnt sich!!!
 

 

Vielen Dank an Christian Alvart für das persönliche Interview. Das gesamte Entertainment Blog Team wünscht Dir weiterhin viel Erfolg und fiebert Deiner „Captain Future“ Version entgegen.

 

2 comments on “INTERVIEW MIT CHRISTIAN ALVART (ANTIKÖRPER, PANDORUM, TATORT-REIHEN TSCHILLER & BOROWSKI, CAPTAIN FUTURE)

  1. Falls Captain Future kommt bin ich der erste der ein Ticket kauft !!
    Sehr interessantes Interview auch ein sympathischer Alvert gönne ihm den Durchbruch mit Captain Future.

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