KRITIK – DEEPWATER HORIZON

© Studiocanal GmbH Filmverleih
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Autor: Tom Burgas

Am 20. April 2010 kam es zur bisher größten Ölkatastrophe die durch menschenhand ausgelöst wurde. Also, wenn man durch irgendwas Bilder einer brennenden Ölplattform im Kopf hat, dürften es die Bilder der Deepwater Horizon sein, welche damals Wochen und Monate um die Welt gingen. Dass solche Ereignisse nicht lange brauchen um verfilmt zu werden, liegt auf der Hand. Es sind eben echte Emotionen die man damit hervorrufen kann und meist wird damit eine Menge Geld generiert. Gleichzeitig steht man wohl vor dem Problem, dass man mit dem Werk den richtigen Ton treffen muss. Übertreibt man es mit den Emotionen springen die Zuschauer ab und wenn man zu nüchtern rangeht genauso.  Mit Peter Berg als Regisseur hat man einen richtigen Riecher gehabt, hatte er doch mit „Lone Survivor“ bewiesen, dass er reale Begebenheiten mit der perfekten Mischung aus unterhaltsamer Tragik und gesundem Anspruch an den Realismus erschaffen kann.  Trotzdem ein riskantes Unterfangen, da er hier beinahe das Vierfache an Budget zur Verfügung hatte. Dieses nutzte der Amerikaner auch, und lies die Kulissen wirklich anfertigen, anstatt sie am Computer zu generieren. So wurde die Bohrinsel, auf der gedreht wurde, nur 15% kleiner als das reale Vorbild.

Auch beim erwähnten Realismusanspruch überlies Berg nichts dem Zufall, wobei er das Glück hatte,  dass Co-Autor Matthew Sand schon damals während der Katastrophe anfing das Ganze in ein Drehbuch zu verarbeiten. Zudem gab es einen mehr als ausführlichen, öffentlichen Bericht, so dass Berg fast minutengenau reflektieren konnte, was auf der Insel geschah. Das reichte ihm aber noch nicht, denn den größten Coup landete er wohl damit, dass er den realen Mike Williamsen (im Film Mark Wahlberg) als ständigen Berater am Set hatte. Bei diesen Infos ist es wohl schon unnötig zu erwähnen, dass nur an Originalschauplätzen gedreht wurde und Leute und Arbeiter aus der Gegend als Komparsen dienten. Sogar Handwerker, die an der Originalinsel arbeiteten wurden als Arbeiter für die Kulissen rangeholt.

 

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Als ich den Trailer sah, kannte ich die ganzen Infos natürlich noch nicht und freute mich nur darauf, mal wieder einen Katastrophenfilm zu sehen, der nicht zum ständigen Kopfschütteln anregt und bei dem die Angst um Menschen nicht cool verpackt wird (Hallo, „San Andreas“). Zumal der Cast natürlich über allen Zweifel erhaben ist, auch wenn ich mich hier am meisten auf John Malkovich und Kurt Russell freute. Zusätzlich war mir aufgefallen, dass ich alle Arbeiten von Peter Berg sehr schätze und so konnte bei „Deepwater Horizon“ eigentlich gar nichts mehr schief  gehen?!

Und genau diese Erwartungshaltung wurde insgesamt auch von den Machern erfüllt. Okay, in den ersten 5 Minuten wurde mir Mike Williamsen´s heile Familienwelt schon zu klischeehaft schön präsentiert. Das macht aber gar nichts, denn bereits ein paar wunderschöne Aufnahmen von Louisiana später, sind wir schon auf der Bohrinsel und die wichtigsten Charaktere werden vorgestellt. Und spätestens dort wirkt für mich das unverbrauchte Setting Wunder. Der Mikrokosmos Bohrinsel wird perfekt eingefangen. Hier sind vor allem die Dialoge unerwartet unterhaltsam, da diese nicht glattgebügelt wirken. Man weiß manchmal zwar gar nicht, was die Protagonisten genau meinen, aber das nimmt man hin, da sich die Figuren anscheinend alle schon jahrelang kennen. Auch vermittelt das von der ersten Sekunde an die perfekte Vertrautheit mit der Umgebung und den Leuten. Vielleicht klingt es jetzt zu abgehoben, aber solch Mühe macht sich leider heutzutage im Kino kaum noch jemand bei den dicken Blockbustern. Hier hat man jedenfalls das Gefühl echten Menschen bei ihrer Arbeit zuzuschauen und damit landet „Deepwater Horizon“ seinen ersten dicken Pluspunkt. Der Zweite lässt aber nicht lange auf sich warten und heißt John Malkovich, der hier ein wunderbar schmieriges Arschloch gibt und sich mit Kurt Russell ein paar wunderbare Wortfetzerein liefert. Allein das wäre für mich das Eintrittsgeld wert gewesen. Dabei wird merklich, dass ein Mark Wahlberg einfach immer eine Stufe niedriger agiert, ohne aber jemals negativ aufzufallen. Fast unmerklich, aber leise brodelnd kommt der Score daher, der jetzt nichts besonderes darstellt, einem jedoch von Beginn an immer wieder ins Gedächtnis ruft wohin die Fehlentscheidungen führen werden, die aus erwähnten Meinungsverschiedenheiten entstehen.

 

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Und das Unglück knallt dann auch mit einer Wucht auf die Leinwand, die im kleinen Heimkino wohl nur ansatzweise auf die Art zu erleben ist. Ab dem Moment ist buchstäblich die Hölle los und man erlebt den Überlebenskampf der Bohrleute. Ich hatte den Vorteil, dass ich nicht mehr wusste, ob dabei Leute starben oder ob die Bohrinsel gerettet werden konnte, oder oder oder. Das wird wohl ein Problem sein bei Leuten die es noch besser im Gedächtnis hatten, denn dann ist der Rest natürlich recht überraschungsarm und man ergötzt sich nur noch an der netten Optik. Zum Glück ist das Action-Drama mit 107 Minuten recht straff gehalten, so dass Längen gar nicht entstehen können. Mehr hätte man aber auch nicht gebraucht.

Abschließend kann man also sagen, dass Peter Berg wieder eindeutig ein weiterer, verdammt guter Streifen gelungen ist, der den Katastrophenfilm endlich mal wieder etwas erdet und auf emotionaler Basis funktionieren lässt. Zudem verzichtet er fast gänzlich auf klischeehafte Momente für die Tränendrüse, die meist eh konzipiert wirken. Nur eine unerwartete Szene am Ende ließ mir dann doch die Augen feucht werden. Die Action ist, wie bei Berg gewohnt, meist übersichtlich und die Kamera schön mit sauberen Bewegungen verbunden, also kann man die Angst vor der zurecht gehassten Wackelkamera ad acta legen. Wenn man unbedingt was Negatives erwähnen will: der Film ist kein Oscarmaterial, sondern  schlichtweg „nur“ ein handwerklich verdammt gut gemachter Film. Der wenig überrascht, was aber dem Ursprungsmaterial geschuldet ist.  Ob man jetzt etwas mehr Kitsch und Pathos in solchen Filmen braucht, muss jeder für sich entscheiden. Für mich stellte es eine perfekte Mischung da.

 

Deepwater Horizon - Bewertung

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