KRITIK – AUSGELÖSCHT

© Studiocanal
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Autor: Florian Wurfbaum

Die Actionfilme der 80er Jahre wurden fast ausnahmslos von wortkargen Einzelgängern und muskelbepackten Kampfmaschinen dominiert. Sicherlich weisen viele dieser früheren Old-School Actioner eine oftmals recht stupide und klischeebeladene Machart auf. Jedoch nach genau diesen Zutaten, in Verbindung mit einer geradlinigen Inszenierung, einer zweckmäßigen Story und den sogenannten rauen, echten Helden sehnt sich heutzutage ein Großteil der Genre-Anhänger. Die bekanntesten Vertreter aus der damaligen Zeit, in denen zu meist die Genre Ikonen Sylvester Stallone, Arnold Schwarzenegger, Jean-Claude Van Damme oder Dolph Lundgren im Einsatz waren, kennen wohl auch weniger sattelfeste Action-Fans allein an Hand des Titels. Jedoch gibt es auch eine Vielzahl an weniger bekannten Action-Streifen aus dieser Epoche, die für Liebhaber des schnörkellosen Krawall-Kinos zwingend eine Sichtung wert sind.

 

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Bei „Ausgelöscht“ aus dem Jahre 1987 handelt es sich genau um eine dieser erwähnten Produktionen. Allein die klangvollen Namen der Beteiligten sollte jedem Genre-Freund das Retro-Herz aufgehen lassen. So wartet der Actionfilm einerseits hinter der Kamera mit Genre-Legende Walter Hill („Nur 48 Stunden“, „Red Heat“) auf dem Regiestuhl und mit dem  pathosliebenden Geschichtenerzähler John Milius („Die rote Flut“) am Schreibtisch auf. Andererseits verfügt der Actionreißer mit Nick Nolte als Mann der Tat, Powers Booth als schmieriger Drogenboss und Michael Ironside, Clancy Brown und William Forsythe als zwielichtige Söldner, über eine erstklassige Besetzung. Und schlussendlich kann sich der hohe Unterhaltungswert des Endergebnisses mehr als sehen lassen.

 

 

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Zum Inhalt: Der unbestechliche Texas Ranger Jack Benteen (Nick Nolte) ist seit einiger Zeit hinter dem mächtigen Drogenhändler Cash Bailey (Powers Booth) her. Der skrupellose Verbrecher, der seine Ware von Mexiko aus über die US-Grenze schmuggelt, und der  stoische Gesetzeshüter haben eine gemeinsame Vergangenheit. Beide waren Jugendfreunde, doch nun sind die zwei Männer erbitterte Widersacher. Als sich dann plötzlich auch noch das Militär einschaltet und dadurch die Geschehnisse deutlich verkompliziert werden, spitzt sich die Situation drastisch zu… 

 

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Produziert wurde der, mit 22 Millionen $ ordentlich budgetierte Film, von der unabhängigen Produktionsgesellschaft „Carolco Pictures“, die Anfang der 90er Jahre mit „Total Recall“ (1990), „Terminator 2“ (1991) und „Basic Instinct“ (1992) ihre Hochzeit erlebte, ehe sie nach mehreren Misserfolgen 1995 mit dem Box Office Desaster „Die Piratenbraut“ endgültig Bankrott ging. Das Script wurde bereits 1976  von John Milius verfasst, der dieses ursprünglich auch im selben Jahr eigenhändig inszenieren wollte. Doch der exzentrische Waffennarr entschied sich letztendlich gegen eine Realisierung und drehte stattdessen das Surfer-Drama „Tag der Abrechnung“, in dem Jan-Michael Vincent („Airwolf“) und Gary Busey („Lethal Weapon“) die Hauptrollen spielten. In den 80er Jahren landete das Drehbuch, dass seinen Originaltitel „Extreme Prejudice“ einer Dialogzeile aus dem ebenfalls von Millius geschriebenen Antikriegs-Meisterwerk „Apocalypse Now“ (1979) zu verdanken hat, auf dem Schreibtisch von Action-Spezialist Walter Hill. Der Star-Regisseur erkannte sofort das vorhandene Potenzial und ließ daraufhin das Milius Script von Harry Kleiner – den er aus ihrer gemeinsamen Arbeit bei dem Steve McQueen Streifen „Bullit“ (1968) kannte – nach seinen Wünschen umschreiben.

 

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Sicherlich punktet das finale  Script weder mit großem Tiefgang, noch mit ausgefeilten Charakteren und zudem wird auch der durchaus interessante Nebenplot um das Söldnerteam nicht wirklich zufriedenstellend ausgespielt, aber dafür liefert die Story eine gelungene Wendung und ist für geradlinige Action mehr als nur zweckmäßig. Gerüchten zufolge wurde deutlich mehr Material zum Söldnerplot gedreht, dieses schaffte es aber nicht in die finale Version, da der US-Verleih TriStar Nick Nolte als klaren Supreme Leader sehen wollte. Diese Entscheidung ist sicherlich ärgerlich, aber letzten Endes zu verschmerzen, denn das größte Kaliber des Streifens ist seine knüppelharte und überaus temporeiche Inszenierung. Hier beweist Walter Hill einmal mehr, dass er zu den absoluten Großmeistern des Action-Kinos gehört. 

 

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Der amerikanische Filmemacher lässt es insbesondere im bleihaltigen Finale dermaßen krachen, dass es eine wahre Freude ist. Hierbei sind die ausufernd zelebrierten Shoot Outs auch deutlich als Hommage an den Sam Peckinpah Spätwestern „The Wild Bunch“ (1969) zu erkennen. Allgemein ist es „Ausgelöscht“ anzusehen, dass der staubtrockene Action-Streifen stark vom Western-Genre inspiriert wurde. Zumal dies von der staubigen, texanischen Kulisse und den rauen Klängen von Komponist Ry Cooper ungemein stimmungsvoll unterstützt wird. Der knackige Gewaltgrad sorgte dann auch bei der anvisierten R-Rated Altersfreigabe für Ärger. Daher musste Regisseur Hill einige Schnitte vornehmen, um das angedrohte und erfolgsschädigende X-Rated zu vermeiden. Leider machten sich die Schnitte im Dauerfeuer-Finale negativ bemerkbar, da es hierdurch zu der einen oder anderen Ungereimtheit kommt. Dennoch brilliert „Ausgelöscht“ vor allem inszenatorisch und gehört handwerklich gesehen definitiv zur Genre-Oberliga. 

 

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Auch aus darstellerischer Sicht serviert das Action-Spektakel überdurchschnittliche Kost. So präsentiert der Film zum einen mit dem sichtlich entschlackten Nick Nolte – der für seine Rolle als Texas Ranger 25 kg abspeckte – und dem herrlich sarkastisch agierenden Powers Booth zwei restlos überzeugende Widersacher. Zum anderen darf sich der Zuschauer dank des Söldner Subplots auf die Genre-Urgesteine Michael Ironside, Clancy Brown und William Forsythe freuen. Abgerundet wird der namhafte Cast von Maria Chonchita Alonso, die mal wieder die Latino-Schönheit gibt. Dieses schauspielerische Gesamtpaket wertet das Bleigewitter nochmal gehörig auf, so dass der Genre-Fan auch heute noch bedenkenlos zugreifen kann. 

 

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Trotz der beachtlichen Qualitäten enttäuschte „Ausgelöscht“ schlussendlich an den Kinokassen. Ursprünglich plante der amerikanische Verleih TriStar den Streifen bereits im Dezember 1986 in den Kinos zu veröffentlichen. Doch die Filmemacher waren von dieser Entscheidung sehr überrascht, da sie von einem Aprilstart 1987 ausgingen, bei dem es dann auch blieb. Fakt ist, dass „Extreme Prejudice“, letzten Endes sowohl mit einem Gesamteinspiel von 11,3 Millionen $ an den US-Kinokassen floppte, als auch in Deutschland mit nur 150.000 Zuschauern weit unter den Erwartungen lief. Zumindest auf dem Videomarkt konnte der Action-Western einige Erfolge feiern, so dass die Rambo-Produzenten mit einem blauen Auge davon kamen. Die Ursachen für die enttäuschenden Kinozahlen sind nur schwer zu ermitteln. Vielleicht lag es an der schwindenden Popularität von Hauptdarsteller Nick Nolte, dessen Stern ab Mitte der 80er Jahre rapide zu sinken begann. 

 

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DVD-Cover & Bilder © Studiocanal.