KRITIK – TUSK

© Sony Pictures Home Entertainment
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Autor: Dominik Starck

Vor über 20 Jahren drehte der junge „Star Wars“- und Filmliebhaber Kevin Smith seinen ersten Spielfilm „Clerks – Die Ladenhüter“. Im Handumdrehen wurde das Zitatenreiche und seither oft zitierte Schwarz-Weiß-Werk zusammen mit den Debütfilmen von Quentin Tarantino und Robert Rodriguez zum Aushängeschild des US-Independent-Kinos der frühen 90er Jahre. Zahlreiche Filme und viele Höhen und Tiefen in der Karriere später liefert Smith nun mit „Tusk“ einen Film, dessen Wurzel in einem seiner eigenen Podcasts liegt. Ein Film, der sich schwer in eine Schublade stecken lässt und damit naturgemäß polarisiert.

Zum Inhalt: Der zynische Podcaster Wallace (Justin Long) macht sich auf den Weg nach Kanada, um einen schrägen Youtuber zu interviewen. Da der bereits verstorben ist, muss eine neue reißerische Schlagzeile her. Diese glaubt Wallace in einem Aushang zu finden, in dem ein exzentrischer Einsiedler mit seinem bewegten Leben wirbt. Wallace sucht und findet Mr. Howe (Michael Parks), der ihn gerne empfängt und mit Anekdoten umwirbt. Doch dann fällt Wallace in Ohnmacht und als er erwacht fehlt ihm ein Bein. Und Howe ist mit seinem neuen besten Freund noch nicht am Ende….

 

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Nach Enttäuschungen wie dem halbwegs amüsanten aber etwas seelenlosen Studiofilm „Cop Out“ (2010) mit Bruce Willis war Kevin Smith auf dem Weg in den Frühruhestand. Mehrere Podcasts pro Woche und vergangene Erfolge wie „Chasing Amy“ und „Dogma“ sollten darüber hinweg trösten, dass Smith sich ausgebrannt fühlte und den Ausstieg ankündigte. Dann lieferte er „Red State“, den bis dato ungewöhnlichsten Kevin Smith-Film, den die Welt gesehen hat. In der Hauptrolle des zwischen Horror, Drama und Krimi angesiedelten Films: Michael Parks („Kill Bill“, „From Dusk Till Dawn 3“) als Sektenführer.

Trotz des Achtungserfolges von „Red State“ blieb Smith bei seinem Abschied vom Film. Zumindest bis zu einem Podcast, in dem er und Produzenten-Freund Scott Mosier über eine vermeintlich echte Anzeige philosophieren, in der jemand einem Fremden kostenfreie Unterbringung anbietet, wenn der dafür einige Stunden pro Tag in einem Walross-Kostüm herum läuft. Smith und Mosier beginnen, die Idee ins surreale Horrorfach weiter zu spinnen und fordern Fans dazu auf, für oder gegen den Film zu stimmen. #WalrusYes siegt und der Zugzwang entwickelt eine Eigendynamik.

Bereits kurz darauf stand das Drehbuch, Michael Parks wurde erneut für die Hauptrolle engagiert. Seinen Gegenpart übernahm Justin Long, der für Smith bereits in „Zack & Miri Make A Porno“ drehte. In weiteren größeren Rollen geben Genesis Rodriguez Wallace‘ Freundin, Haley Joel Osment Wallace‘ Podcast-Partner und Johnny Depp unter Make-up verpackt einen französischen Polizisten.

 

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Der fertige Film ist eine schwierige Angelegenheit. Für einen Horrorfilm nicht hart genug, für eine Komödie nicht witzig genug. Im Grunde schert sich der Film aber einen Dreck darum, ob er in eine Schublade passen könnte und welche das wäre. Ganz der abstrusen Geschichte von einem Mann verpflichtet, der einen anderen in ein Walross verwandeln möchte, huldigt „Tusk“ vor allem auch Hauptdarsteller Michael Parks, der in seiner Rolle einmal mehr brillieren kann. Dass dieser Tarantino-Favorit keinen größeren Bekanntheitsgrad beim breiten Publikum inne hat, ist eine Schande. Gerade die hier erwähnten Werke von Parks, wie seine beiden Filme für Smith und seine Performance als Schriftsteller Ambrose Bierce in der zweiten Fortsetzung von „From Dusk Till Dawn“, zeigen eindrucksvoll seine Fähigkeiten.

Ein anderes Problem ist allerdings Justin Longs Rolle. Tatsächlich hat in Dekaden niemand mehr mit so viel Stolz einen fürchterlichen Schnauzbart zur Schau gestellt, aber der Zuschauer sollte sich mit Longs Wallace identifizieren können, was aufgrund dessen Charakter phasenweise schwer fällt. Trotzdem leistet auch Long gute Arbeit.

Positiv fällt Genesis Rodriguez auf, während Haley Joel Osment (ja, der Junge aus „The Sixth Sense“) unspektakulär bleibt. Fans von Smith‘ Podcasts freuen sich über den Auftritt seines Kumpels Ralph Garman, der aber auch von kurzer Dauer ist. Typisch skurril ist einmal mehr Johnny Depp. Unter dem Make-up zunächst schwer zu erkennen lebt er seine Schrägheit erneut in vollen Zügen aus, wirkt aber –im Gegensatz zu manch anderen Filmen- in diesem Fall nicht deplatziert damit. Ungewöhnlich, wie „Tusk“ ist, ist es genau der richtige Spielplatz für den guten Schauspieler. Ein Highlight der Absonderlichkeit ist eine Szene zwischen Depp und Parks. Ein schauspielerisches Treffen der Giganten- mit Nonsens-Dialogen.

 

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Hier wird eine gravierende Wandlung von Smith deutlich. War er früher Autorenfilmer, der seine Geek-Seele zu Papier brachte, ist er heute ein Schauspieler-Regisseur, der sich in der Performance seiner Mitstreiter eher als in seinen Worten verliert. Ob dies dem geneigten Fan nun gefällt oder nicht, aber es ist eine Evolution, die mit (dem besseren) „Red State“ begonnen und hier fortgesetzt wurde. Es bleibt spannend zu sehen, wohin die Reise Smith mit seinen beiden kommenden Projekten führt, die zusammen mit „Tusk“ eine „Kanada-Trilogie“ bilden sollen. Der bereits abgedrehte „Yoga Hosers“ kommt als reine Komödie daher. Danach soll „Moose Jaws“ die Reihe abschließen. Im Grunde „Der weiße Hai“ mit einem Elch statt einem Hai. Schräg.

In Deutschland ohne regulären Kinostart nur auf DVD erschienen, liefert die Auskopplung von Sony nicht viel mehr als ein paar geschnittene Szenen und den wie immer guten Audiokommentar von Kevin Smith. Die italienische Blu-ray von Sony hat deutschen Ton und Untertitel und darüber hinaus über 100 Minuten Bonusmaterial.

 

Tusk - Bewertung

Überall auf DVD und Blu-Ray erhältlich!

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