KRITIK – GIRL ON THE TRAIN

© Constantin Film
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Autor: Dominik Starck

Immer wieder hört man Stimmen, dass weibliche Kreative in der Filmbranche eine unterdrückte Minderheit sind. Nicht nur vor sondern auch hinter der Kamera beweist aktuell GIRL ON THE TRAIN, dass ein Film mit einer „female voice“ die Kinolandschaft bereichern kann, wenn man ihn nur lässt. Dennoch versteckt er seine Credits und damit auch seine femininen Kreativen –bewusst oder unbewusst- am Ende des Filmes.

Zum Inhalt: Alkoholikerin Rachel (Emily Blunt) fährt täglich mit dem Zug nach Manhatten und von dort nach Hause zurück, vorbei an der Wohngegend, in der sie selbst einst mit Ehemann Tom (Justin Theroux) glaubte, ihr Familienglück gefunden zu haben. Dabei wird es zu einer Obsession, das Eheleben von Megan (Haley Bennett) und Scott (Luke Evans) zu beobachten, von dem sie täglich ein paar Augenblicke einfängt. Als Rachel bemerkt, dass Megan eine Affäre hat, ist sie schockiert, doch ihre Faszination für diese Familie wird ihr zum Verhängnis, als Megan verschwindet…

 

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Im Fazit zu dieser Rezension wird der Geschlechteraspekt bewusst ausgespart, denn eigentlich sollten derlei Elemente keine Rolle in der Wahrnehmung eines Filmes spielen. Nichts desto weniger kommt der aufmerksame Beobachter nicht umhin bereits nach wenigen Minuten festzustellen, dass nicht nur die Protagonistin und die meisten anderen wichtigen Figuren Frauen sind sondern auch die Emotionalität, Wahrnehmung und Gedankenwelten deutlich weibliche Züge tragen. Dennoch wirkt das nie erzwungen oder aufgesetzt, fasziniert den männlichen Zuschauer und bindet den weiblichen. Das Mädel im Zug ist vor allem aus sich heraus stark, ohne dabei die Männerwelt zu verdammen. Nun, zumindest über weite Strecken.

Der amerikanische Film basiert auf dem gerade einmal ein Jahr alten, gleichnamigen Erfolgsroman (über 15 Millionen verkaufte Exemplare) der britischen Autorin Paula Hawkins, den die profilierte Drehbuchautorin Erin Cressida Wilson zum Drehbuch adaptierte. Wilson hatte bereits vor rund 15 Jahren mit ihrem Debüt-Drehbuch (SECRETARY – WOMIT KANN ICH DIENEN?) lang vor den 50 SHADES OF GREY gezeigt, wie man starke weibliche Charaktere von einer Print-Geschichte auf die Leinwand bringt.

 

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Für die Regie wurde Tate Taylor engagiert, der zuletzt das Musiker-Biopic GET ON UP (2014) in die Kinos gebracht hatte und nun mit Emily Blunt (SICARIO, LIVE DIE REPEAT), Haley Bennett (DIE GLORREICHEN SIEBEN, THE EQUALIZER) und Rebecca Ferguson (LIFE, MISSION: IMPOSSIBLE – ROGUE NATION) drei absolute Spitzenreiterinnen der aktuell angesagten Damen Hollywoods versammelte.

Wenngleich auch ihre männlichen Pendants deutlich weniger zu tun bekommen, weiß Luke Evans (DRACULA UNTOLD, FAST & FURIOUS 6) zu überzeugen und vor allem der viel zu unbekannte Justin Theroux (MULHOLLAND DRIVE, THE LEFTOVERS) lässt den Zuschauer mit der Frage zurück, weshalb er kein größerer Star ist. Selbstverständlich hätte auch ein Jared Leto die latent gefährliche Rolle des Ex-Manns ausfüllen können, doch die zahlreichen kurzfristigen Umbesetzungen vor Drehbeginn schaden dem von London (im Roman) in die USA verlegten Film keinen Moment.

 

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GIRL ON THE TRAIN wurde von der Kritik nicht euphorisch aber überdurchschnittlich aufgenommen und Emily Blunt für ihre starke Performance verdient für zahlreiche Preise nominiert. Mancherorts kann man vernehmen, dass der Roman dem Film gegenüber im Vorteil sei, weil er auch die Perspektiven von Megan und Anna (Ferguson) als Gegenpol der deutlich weiter abgedrifteten Rebecca aufbietet. Das jedoch wäre dann eher Stoff für eine Mini-Serie, etwa auf einem Streaming-Portal gewesen. Für den Film verdichtete man die breiter aufgestellte Narrative des Romans auf eine Protagonistin in einem Whodunit, was aber für dieses Format auch der richtige Weg ist. Zuviel über den Film zu verraten würde ihn daher aber auch eines Teils seiner Kraft berauben. Die Empfehlung lautet darum; einfach mal einen gut aufgebauten weiblichen Thriller ansehen, in dem das einzig explosive die eindringlichen schauspielerischen Leistungen sind.

 

Girl on the Train - Bewertung

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