INTERVIEW MIT MATTHIAS HUES (DARK ANGEL, KARATE TIGER 2, DIGITAL MAN)

© Matthias Hues
© Matthias Hues

Interview: Matthias Hues

Schauspieler! Sportler! Martial-Artist! Matthias Hues!

Der blonde Hüne aus Waltrop hat eine ausgesprochen interessante Vita. Er ist unter anderem Träger des schwarzen Gürtels in Taekwondo, Pentathlon Meister, Fitnesstrainer und wagte erfolgreich den Sprung nach Hollywood. Mittlerweile hat er bereits in über 50 Filmen mitgewirkt (DARK ANGEL, KARATE TIGER 2, DIGITAL MAN etc.) und sich eine große Fan-Gemeinde aufgebaut. Kevin Zindler bekam die Gelegenheit, dem äußerst sympathischen Schauspieler und Martial-Artist einige Fragen bezüglich Sport und seiner Karriere und zukünftige Projekte zu stellen.

Matthias Hues Tribute-Video:

http://www.youtube.com/watch?v=GjQZxCie33k&feature=youtu.be

Matthias Hues auf IMDb:

http://www.imdb.com/name/nm0400117/?ref_=nv_sr_3
 
 

Du bist schon sehr früh mit dem Sport angefangen. Du warst vom  Leichtathleten bis hin zum Kampfsportler sehr erfolgreich. Wie kam es zu dieser Sportversessenheit?

Ich habe als Kind meinen Vater zum „USC Mainz“ begleitet. Dort hat er mit einer Gruppe von anderen Vätern ein wenig Sport betrieben. Mir war langweilig, schaute erst zu und bin dann einfach über den Sportplatz gelaufen, um die Zeit tot zu schlagen. Irgendwas sprach zu mir. Von diesem Moment an bin ich jeden Tag alleine dorthin gepilgert um meine Runden zu laufen. So fing alles an.

 

Welcher Sportler/Kampfsportler inspirierte/prägte dich nachhaltig?

Bruce Jenner, der amerikanische Weltmeister im Zehnkampf.
 

Dir scheint das Älterwerden nichts anhaben zu können und präsentierst dich immer wieder in Top-Form. Was ist dein Geheimnis und wie viel trainierst du wöchentlich?

Training ist eine Lebens-Einstellung. Ich kann immer noch nicht aufhören, wie als kleiner Junge, als ich eine Runde nach der anderen drehte. Man ist in der Routine gefangen. Man weiß, dass man so viel Zeit dafür investiert, aber tut man es nicht, dann wäre es so, als würde man Blumen im Sommer nicht gießen. So bunt wie sie sind, in einer Stunde kann alles vertrocknet sein. So sehe ich das Leben.

 

Wie sieht dein Fitness-Programm aus?

Erst mal Fahrrad, dann lockern, Gewichte heben und dann ein wenig Boxen oder Kickboxen. Alles locker, aber 5-Mal die Woche. Ich verpasse nie ein Training, es sei denn, ich fliege und bin unterwegs.

 

Was ist deine bevorzugte Kampftechnik?

Ich mische gerne verschiedene Techniken, um alles ein wenig frisch zu halten. Auch mal Boden-Kampf oder nur einfach im Ring bewegen. Gerne trainiere ich mit meiner Freundin, denn da lerne ich Vorsichtig zu sein. Beim Film muss man sich sehr konzentrieren um nicht andere zu verletzen. Am liebsten vertreibe ich mir meine Zeit im Ring mit Kickboxen.

 

Du lebst schon viele Jahre in Amerika. Was vermisst du an Deutschland am meisten und besuchst du dein Geburtsland hin und wieder?

Ich vermisse Deutschland sehr oft. Ab und zu bin ich auch da. Deutschland ist schon ein sehr angenehmes Land und steht an erster Stelle, was den Lebens-Standard angeht. Ich reise viel durch die Welt und sie ist nicht so heil, wie viele denken.

 

War die Schauspielerei schon immer ein Traum von dir? Was löste den gewagten Sprung über den großen Teich letztendlich aus?

Ich habe mich damals ganz kurzfristig entschieden. Nachdem ich „Rocky IV“ sah, schoss ein Blitz in meinen Kopf. Ich wurde gebissen, infiziert. Der Film hat denke ich viele Menschen beeinflusst. Ich war immer der Typ, der nicht lange nachdenkt. Ein spontaner Gedanke reicht und ich mache es. Ich habe bis dahin schon einiges erlebt, gemacht, aufgebaut und wusste, alles war nur eine Trainingseinheit für etwas anderes. Ich war mir nur nicht sicher, für was. Aber im Kino wusste ich es mit einem Schlag. Es war der Kampf zwischen zwei Athleten auf der obersten Ebene, es ging um alles. Das hat mich inspiriert. Alles riskieren und eine 50/50 Chance haben mich motiviert, es 100 Prozent zu machen. Als man mir sagte, ich wäre mit meinem Plan nicht ganz dicht, gab mir das erst Recht den ultimativen Pusch, nach Hollywood zu gehen.

 

Wie ist es zu deinem Filmdebüt KARATE TIGER 2 gekommen?

Ich habe keinen Stein liegen lassen, alles umgedreht um nach dem goldenen Pokal zu suchen. In Hollywood kann man damit lange unterwegs sein. Das Ziel, ein Action-Schauspieler zu werden ist so weit entfernt, wie dein Auge den Mond am Abend sieht. Greifbar aber nicht zum anfassen. Man denkt trotzdem, dass man den Mond eines Tages betreten wird. Das ist die Wahrnehmung, die man braucht, um die ersten Schritte zu machen. Millionen von kleinen Schritten, die dich dann irgendwann etwas weiter bringen. Die Schritte, die man nie sieht. Ich habe mir alles Wund gelaufen in Hollywood, keine Tür, an die ich nicht angeklopft habe. Eine war die von „Gold´s Gym“. Das Mekka für alle Action-Stars, Wrestler und Bodybuilder. Ein ganz wichtiger Ort, um vorstellig zu werden und um die Nachricht zu verbreiten: „Hier bin ich! Ich werde mal ins Kino kommen.“ Keiner verzieht da das Gesicht oder sagt, dass du spinnst. Wer sich da im festen Glauben vorstellt und sich dazu bekennt, wird es schaffen und alle wissen es. Bis heute kommen sie aus der ganzen Welt, neue Super-Helden, groß, Muskel bepackt, alle Variationen von hoffnungsvollen Typen. Die meisten dort, klopfen mir auf die Schultern und sagen „Hallo, ich habe alle deine Filme gesehen. Ich werde auch eines Tages im Kino zu sehen sein.“ Jeder der das durchgezogen hat, war am Ende auch im Kino. Alles was man braucht ist dieser Mut. So war es auch bei mir. Ich habe es allen gesagt und man erinnerte sich an mich. Die Manager von „Gold´s“ schlugen mich den Produzenten vor, als Jean-Claude Van Damme für „Karate Tiger 2“ ausfiel, weil sie an meine 100 prozentige Hingabe glaubten. Sie hatten mich lange beobachtet. Sie sahen, dass ich immer da war, wie die Leute reagierten, wenn ich in „Gold´s“ einlief und wie ich Woche für Woche, Monat für Monat alles in Hollywood abklapperte. Auch wenn ich nie eine Einladung hatte, ich fand immer heraus, bei welchem Film-Studio man gerade jemanden für eine Action-Rolle suchte und stellte mich heimlich in die Schlange der wartenden Schauspieler. Viele von „Gold´s Gym“ waren immer da, zum Beispiel als man He-Man besetzte, oder für Filme wie „Over the Top“ oder „Rambo III“ mit Stallone castete. Die Casting-Leute haben sich sehr gut an mich erinnert, weil ich kein Englisch sprechen konnte und nie wirklich vorgeladen war. Bald aber haben sie mich wiederholt angerufen und fragten mich nach meinen jetzigen Englischkenntnissen und lobten mein Engagement. Für „Rambo III“ wurde ich gezielt eingeladen, weil der Casting-Chef meinen Look mochte. Er wollte unbedingt wissen, wie mein Englisch jetzt nach sechs Monaten wäre. Leider habe ich die Rolle trotzdem verpasst.

 

© MGM
© MGM

DARK ANGEL ist einer deiner bekanntesten Filme. In der Rolle des außerirdischen Drogendealers „ I Come in Peace“ Talec hast du Gegenspieler Lundgren die Show gestohlen. Wie waren die Dreharbeiten und wie bist du mit Dolph Lundgren bzw. Regisseur Craig R. Baxley zu recht gekommen? Gab es zum Beispiel gemeinsame Trainingseinheiten?

Der Film war mein persönlicher „Rocky“, da Dolph und Stallone mir den Weg geebnet hatten. Ich war sehr gut vorbereitet. Jung, durchtrainiert und willig zu sterben, wenn es denn die Stunts erforderten. Genau die richtigen Attribute, um sich in seiner Karriere nach vorne zu bewegen. Dolph war nicht sehr freundlich, weil mich der Regisseur bevorzugte. Baxley war ein bekannter Action-Regisseur und meine Rolle bestand nur aus Action, daher seine Sympathie mir gegenüber. Aber Dolph war cool und wir waren hier und da zusammen. Wir  trainierten aber nicht gemeinsam. Ich war auch nicht in der Verfassung, um eine Freundschaft zu schließen. Ich war da, um ein Feind zu sein. Das hatte Vorrang. Es war ein richtiger Zweikampf auf allen Ebenen. Und das war das Endprodukt im Film. Ein glaubhafter Kampf um den Sieg.

Trailer: DARK ANGEL

http://www.youtube.com/watch?v=HECeSUlcdPM

 

DARK ANGEL konnte an den Kinokassen nicht überzeugen und entwickelte sich erst später auf Video zum Fan-Kult-Hit. Welche Erklärung hast du dafür?

Der Film kam zur falschen Zeit ins Kino. „Stirb langsam 2 (Die Harder)“ hat uns schnell das Genick gebrochen.

 

Warum kam es deiner Meinung nach bisher zu keiner Fortsetzung?

Alle wollen das Sequel bis heute machen. Warner Bros. ist aber nicht interessiert, weil sie zu viele Filme in der Entwicklung haben. Sie blockieren alle unsere Versuche, aber wir bleiben dran und geben nicht auf.

 

In deiner Karriere hast du mit vielen anderen Genre-Stars wie Dolph Lundgren, Cynthia Rothrock, Don Wilson, Billy Blanks, Loren Avedon oder Bolo Yeung zusammengearbeitet. Kam es bei Filmen wie BLACKBELT, MARTIAL LAW 3 oder TC 2000 zwischen den Schauspielern zu harten Konkurrenzkämpfen oder ging es während der Dreharbeiten eher harmonisch zu?

Alles ging immer harmonisch zu. Alle sind Super-Profis, wir helfen uns gegenseitig. Wir sind wie Kinder auf einem Spielplatz, so aufgeregt, begeistert und voller Hingabe. Wir respektieren uns sehr.

 

Gab es Kampfchoreografien oder Stunts, die dich besonders forderten oder extrem gefährlich waren?

Alles was mit „Dark Angel“ zu tun hatte, kann man als „nicht ganz dicht“ bezeichnen. Ich habe viel riskiert. Den ganzen Dreh warnten die Mitarbeiter vom Action-Team den Regisseur: Wenn er so weiter mache, würde ich entweder explodieren oder verbrennen oder mir das Genick brechen. Craig lachte immer nur und sagte: „Der Matthias kann das schon, dann muss er einfach schneller sein.“ Schneller als der Tod meinte er. Da wird man mit der Zeit rasant schnell. Überleben ist alles.

 

Welchen deiner Filme zählst du zu deinen Favoriten bzw. von welchem würdest du dir eine Fortsetzung wünschen?

„Dark Angel“! Keine Frage!!!

 

Unabhängige Produzenten wie Jalal Merhi, die in den neunziger Jahren für ein gewisses Budget gesorgt haben, gibt es kaum noch, seitdem die großen Studios den DtD-Markt direkt beliefern und Tochterfirmen für dieses Segment gründen. Wie hast du diese Veränderungen erlebt und wo liegen im Vergleich die Unterschiede für die Schauspieler?

Ja, alles in dieser Branche hat sich verändert. Die heutigen Produzenten die in dem Genre drehen, sind nur ans Geld sparen interessiert. Die Drehorte sind zum Teil Entwicklungs-Länder und man sieht es an den Kulissen. Wenn man Geld spart sieht man das immer sofort. Natürlich betrifft das alle Bereiche der Industrie und Unterhaltung. Aber man muss dazu sagen, dass die Produzenten nicht allein die Schuld trifft. Es ist die allgemeine Wirtschaftslage die uns einen Streich spielt. Wie die Kluft von arm und reich immer größer wird, so wird die Kluft auch immer gravierender zwischen unabhängigen Produzenten und Studio-Produktionen.

 

Reizen dich Rollen außerhalb des Action-Genres?

Ja, als Schauspieler reizt einen meist alles ein wenig. Man lässt die Tür immer offen, wenn es darum geht, mal etwas anderes zu machen.

 

Siehst du dich in Zukunft auch hinter der Kamera oder in anderen Funktionen? (Regie, Autor, Produzent)?

Ja, sicher. Nach über 30Jahren kommt es schon sehr nahe, sich mit den anderen Seiten des Film-Biz zu beschäftigen. Wie auch andere Schauspieler vor mir. Viele schreiben und produzieren oder führen Regie.

 

Mit THE EXPENDABLES erlebte das 80er Jahre Actionkino eine Auferstehung. Ist das deiner Meinung nach ein Strohfeuer oder wollen die Menschen wieder mehr Oldschool-Entertainment?

Ich höre immer wieder, dass die Fans die guten alten Zeiten vermissen. Filme mit Handlung, weniger Special Effects und mit den alten Stars und ihren Kämpfen. Ich denke, alle Action-Stars die sich in den 90ern bewährt haben, werden immer wieder auftauchen und uns unterhalten. Viele meiner Kollegen sind Top-Fit und immer wieder bereit, alles zu wiederholen und sogar noch besser zu machen.

 

Vielen Dank für das Interview.