KRITIK – OSCAR – VOM REGEN IN DIE TRAUFE

© Touchstone / Silver Screen
© Touchstone / Silver Screen

Autor: Dominik Starck

Action-Ikone Sylvester Stallone war schon oft „weg vom Fenster“ und kam immer wieder zurück, hat sich neu erfunden oder als Boxer Rocky Balboa eine weitere Fortsetzung zu seiner erfolgreichsten Rolle geliefert. Als die goldene Action-Helden-Ära der 80er Jahre sich ihrem Ende zuneigte, versuchte Stallone, wie viele Kollegen, auch in anderen Bereichen Fuß zu fassen. Während ein Arnold Schwarzenegger auch in Komödien überzeugen konnte, fiel dies Stallone weit schwerer. OSCAR war sein erster Vorstoß in das Genre und mit John Landis (BLUES BROTHERS) war ein Spitzenregisseur der 80er am Start. Wie der „Italienische Hengst“ Stallone, von einem namhaften Ensemble flankiert, in seiner ersten Komödie abschneidet? Lesen Sie selbst.

Inhalt: Der Tod seines Vaters (Kirk Douglas) bringt Mafia-Pate Angelo „Snaps“ Provolone (Sylvester Stallone) in eine moralische Zwickmühle. Auf dem Sterbebett musste er dem Papa versprechen, ehrlich zu werden, weswegen Snaps dem Verbrecherdasein auch brav abschwören und sich in eine Bank einkaufen will. Doch der Tag des großen Umbruchs verläuft alles andere als geplant. Zuerst fordert sein Buchmacher (Vincent Spano) eine beträchtliche Gehaltserhöhung, weil er eine Dame aus gutem Hause ehelichen möchte. Danach gesteht er, dass er Snaps 50.000 $ unterschlagen hat und als Krönung stellt sich heraus, dass es Snaps‘ eigene Tochter ist, die er zu heiraten beabsichtigt. Doch damit fangen die Probleme für den zunehmend genervten Mafioso erst an, denn wie sich zeigt ist die zu verheiratende Tochter nicht seine tatsächliche Tochter, seine tatsächliche Tochter (Marisa Tomei) offenbart eine nicht existente Schwangerschaft und dann verursachen noch die Polizei (u.a. Kurtwood Smith), seine beiden Schneider, seine Ehefrau (Ornella Muti), der Sprachlehrer (Tim Curry), seine Handlanger (u.a. Chazz Palminteri), Konkurrenten und mürrische Haushälterin zusätzliche Verwirrung…

 

© Touchstone / Silver Screen
© Touchstone / Silver Screen

OSCAR – VOM REGEN IN DIE TRAUFE ist das Remake des französischen Films OSCAR aus dem Jahre 1967 und präsentiert sich ganz in der Tradition klassischer Screwball-Komödien. Obwohl er dabei nicht gänzlich an die großen Vorbilder dieses Genres heranreicht ist Regisseur John Landis (AMERICAN WEREWOLF) ein enorm unterbewerteter Spaß gelungen, den vor allem zu seinem Erscheinen nur wenige Kritiker und Zuschauer zu schätzen wussten und der sich erst in den letzten Jahren den Ruf eines Geheimtipps erarbeitet hat.

Am Anfang der amerikanischen Verfilmung von OSCAR stand aber nicht allein die französische Verfilmung des Stoffes sondern ein gleichnamiges, sehr erfolgreiches Theaterstück von Claude Magnier. Schließlich machte vor allem Frankreichs Komödien-Superstar Louis De Funès in der Hauptrolle die erste Verfilmung zum Erfolg. Trotzdem dauerte es über 20 Jahre bis man in Hollywood an ein Remake nachdachte. Schließlich engagierte man John Landis, um eine amerikanische Variante von OSCAR zu liefern. Dabei erwies sich Landis als schlau genug, die Story nicht einfach unverändert auf einen amerikanischen Manager der Gegenwart zu übertragen sondern er versetzte das Geschehen in die Zeit der Prohibition und lässt 1931 einen italo-amerikanischen Gangsterboss den nervenaufreibendsten Tag seines Lebens durchleiden.

Für die Hauptrolle des Paten Angelos „Snaps“ Provolone konnten Touchstone und Silver Screen, die produzierenden Studios, Actionsuperstar Sylvester Stallone gewinnen, der durch seine Auftritte als Boxer Rocky und Vietnam-Veteran Rambo längst selbst zur Kultfigur avanciert war.

Trotz der beiden zugkräftigen Namen Stallone und Landis sowie eines starken Ensembles an Nebendarstellern wie Ornella Muti, Don Ameche, Marisa Tomei und Tim Curry stand die Produktion von vorne herein unter Druck. Landis hatte in den 80er Jahren einen erfolgreichen Film nach dem anderen hingelegt, was die Erwartungshaltung enorm in die Höhe schraubte. Zuletzt hatte er mit Eddie Murphy als DER PRINZ AUS ZAMUNDA die Kassen klingeln lassen. Stallone indes war seines Images als muskelbepackter Actionlieferant schon geraume Zeit überdrüssig und sehnte sich danach, sich breiter aufzustellen. Dieses Image zu verlieren erwies sich jedoch als schwierig. Schon der humoristisch durchwobene Buddy-Actionfilm TANGO & CASH brachte 1989 nicht ganz den erwarteten Erfolg während sein 1990er ROCKY V bis heute gemeinhin als mit Abstand schwächster Teil der Erfolgsreihe gilt, die damit auch erst einmal tot war.

 

© Touchstone / Silver Screen
© Touchstone / Silver Screen

Mit OSCAR hatte Stallone seine erste reine Komödienrolle an der Hand, was angesichts der leicht gebremsten Karriere ein nicht zu unterschätzendes Risiko darstellte. Nicht zum ersten Mal in seiner Karriere wählte Stallone das Risiko, um den notwendigen Schritt zu unternehmen, seine Karriere auf mehr als nur ein Genre auszuweiten.

Für Regisseur John Landis erwies sich der Drehort als echtes Neuland, denn bis dato war der Regisseur viele Außen-Dreharbeiten gewohnt, worauf im Falle von OSCAR vollständig verzichtet wurde. Die Kulissen entstanden komplett auf dem Studiogelände. Ironischerweise gab es auf eben jenem Gelände während der Dreharbeiten zu OSCAR ein großes Feuer, welches die Abläufe mehrerer Produktionen hemmte. OSCAR war davon glücklicherweise nur indirekt betroffen.

Als der Autor dieser Kritik John Landis 2006 auf einem Festival traf, bezeichnete Landis die Dreharbeiten als die bis dato befriedigendste Arbeit seiner ganzen Karriere. Am Set herrschte eine ausgesprochen gute Atmosphäre, was bis heute auch von anderen Beteiligten immer wieder betont wird. Landis ist bis heute enttäuscht, dass das Publikum seinerzeit nicht willens zu sein schien, den Actionhelden Sylvester Stallone in einer reinen Komödie zu erleben. Wie er bei unserem Treffen ausführte, hätte er rückblickend lediglich ein paar Tote und einige Explosionen integrieren müssen und das (wirtschaftliche) Ergebnis wäre wohl um ein wesentlich besseres gewesen.

Dem kann man sicher zustimmen, denn anders ist nicht zu erklären, dass es nach Erscheinen des Films zwar auch die eine oder andere wohlwollende Pressestimme gab, vor allem aber Kritiker-Verrisse hagelte und 1992 medienwirksam Nominierungen für den „Anti-Preis“ „Goldene Himbeere“ in den Kategorien Schlechtester Schauspieler (Stallone), Schlechtester Regisseur und Schlechteste Nebendarstellerin (Tomei) folgten. Das US-Einspiel blieb deutlich hinter dem Budget und auch in Deutschland schaffte es der Film nur auf den Platz 85 der erfolgreichsten Filme des Jahres. ROCKY V, obwohl auch nicht sonderlich erfolgreich, erreichte hierzulande im Vorjahr noch Platz 20.

 

© Touchstone / Silver Screen
© Touchstone / Silver Screen

Im Gegensatz zu vielen anderen Remakes kann die amerikanische Variante von OSCAR zwar durchaus auch mit dem Original verglichen werden, hat aber trotz nahezu identischer Handlung alleine durch das schöne Zeit-Kolorit und den anderen Kontext seine Daseinsberechtigung. Plus, und das sollte bei einer Komödie immer das Maß der Dinge sein; der Film ist wirklich witzig. Sicher ist Humor Geschmackssache und auch Screwball-Komödien sind nicht jedermanns Sache, doch wer dem zusehends verzweifelt und überforderten „Snaps“ auf seiner Reise Richtung Ehrbarkeit beiwohnt und dabei nicht lachen kann, dem ist nicht mehr zu helfen. Hier ist von spritzigen, schnellen Dialogen, Wortspielen, Mafia-Parodie, überspitzt kitschiger Liebesgeschichte, physischer Slapstick-Comedy und dem Durchbrechen der vierten Dimension (herrlich: Snaps‘ zweifelnder Blick in die Kamera Richtung Zuschauer) praktisch alles drin, was es an Spielarten der Lacher-Provokation gibt.

Stallone ist sicher nicht der geborene Comedian, doch er macht seine Sache für die erste Komödie seiner Karriere ausgesprochen gut, zumal die Rolle auch zu ihm passt und letzten Endes schon als Teil einer leicht selbstironischen Inszenierung betrachtet werden kann. Schließlich spielt er zur Abwechslung mal den Bösen, der ein Guter sein will. Und sei es auch ohne Mord und Totschlag.

Neben ihm glänzen vor allem der damals durch die Stephen King-Verfilmung ES gefeierte Tim Curry (ROCKY HORROR PICTURE SHOW) als noch bei Mutti wohnender Sprachforscher Dr. Pool, Harry Shearer und Martin Ferrero als Finucci-Brüder und Chazz Palminteri (RUNNING SCARED) als dumm-dusseliger Handlanger Connie. Einzig etwas überzogen chargierend: Marisa Tomei (THE WRESTLER, CAPTAIN AMERICA: CIVIL WAR). Dafür gibt es in weiteren Nebenrollen einen soliden Vincent Spano (GOD’S ARMY 3), Linda Gray (DALLAS), William Atherton (GHOSTBUSTERS), Kurtwood Smith (ROBOCOP) und den großen SPARTACUS Kirk Douglas als Vater von Snaps.

 

Oscar - Bewertung

Überall auf DVD erhältlich!

DVD-Cover & Bilder © und Eigentum von Touchstone / Silver Screen.